Die Einschulung eines Kindes oder Enkelkindes ist eine große Zäsur – nicht nur im Leben des Kindes. Was macht man da, wenn man aus diesem Anlaß eine Anzeige in die Zeitung stellt? Man braucht etwas Gereimtes, Persönliches.
Gestern waren zwei Seiten mit Einschulungsanzeigen in der F.A.Z. – alle mit dem Bild des Kindes und den besten Wünschen von Eltern, Geschwistern und Großeltern. Unten auf der zweiten Seite habe ich einen ziemlich holprigen Reim gefunden:
Ein neuer Abschnitt nun beginnt,
wir wünschen, dass es Dir gelingt,
stets fröhlich und vergnügt zu bleiben,
auch beim Lesen, Rechnen und Schreiben.
Das ist zwar metrisch und rhythmisch nicht ganz elegant, aber es ist doch schön, wenn die Eltern, statt irgendein fertiges Gedicht zu übernehmen, selbst zur Feder greifen.
Dachte ich.
Dann las ich die Anzeige direkt daneben, und siehe da: es war Wort für Wort das gleiche Gedicht. Und zwei Anzeigen weiter: genau dasselbe. Und auf der anderen Seite gleich noch einmal.
Auch ein zweites, nicht weniger holpriges Gedicht („Kindergartenzeit adé“ mit einem völlig falschen Akzent auf dem „e“) war gleich mehrfach vorhanden.
Dreimal darf der Leser raten, wo diese Texte herkommen – natürlich aus dem Internet. Das ist mir jetzt aber völlig unbegreiflich, daß man nicht einmal zu einer solchen Gelegenheit etwas Persönliches schreibt (viele andere haben es auf den beiden Seiten getan). Aber das ist die Generation cut and paste, die keinen Gedanken und keine Minute darauf verschwendet, etwas selbst hervorzubringen. Das beginnt in der Grundschule und geht übers Gymnasium, wo ganze Interpretationen aus dem Internet zusammengeklaut werden, über die Universität bis zu solchen Anzeigen, die man offenbar nur noch mit Hilfe von sog. „Sprüche“-Seiten im Internet formulieren kann.
Das ist schon ein bißchen armselig, oder?