Menschen im Käfig – Gedanken über den „neuen“ Putin

Ein ganz neuer Putin werde Präsident, hatten seine Getreuen vor der Wahl gesagt, um die Bedenken gegen ihn zu entkräften. Sie hatten recht, denn der Putin, der jetzt seine Marionetten in Parlament und Justiz benutzt, um die Opposition aus dem Weg zu räumen, ist wirklich ein neuer Putin. Er geht so rücksichtslos und brutal vor wie sein Blutsbruder Lukaschenko in Weißrußland. Deshalb ist er nicht mehr nur eine Gefahr für sein Land, er verkörpert jetzt den Übergang von einer formal noch vorhandenen, wenn auch praktisch völlig ausgehöhlten Demokratie zu einer autoritären Ein-Mann-Herrschaft. Er hat seine Marionetten überall: in seiner Partei „Einiges Rußland“, im Parlament, in der von ihm gesteuerten Presse, im Fernsehen, in der Verwaltung – und vor allem in der Justiz.

Die Punkgruppe Pussy Riot, die – sicher in einer provokativen Aktion – die Muttergottes gebeten hatte, Putin zu entfernen, muß wegen „Rowdytums“ (ein alter kommunistischer Gummiparapraph) wahrscheinlich für sieben Jahre ins Gefängnis. Was fast überall auf der Welt (außerhalb der Scharia) nur eine Ordnungswidrigkeit wäre, ist für den in seiner Eitelkeit gekränkten Herrscher über alle Russen Grund genug, seine Seilschaften in der Justiz auf die jungen Frauen zu hetzen. Zwölf Stunden am Tag läßt er sie in einen heißen Glaskäfig sperren – gestern ist die erste der Frauen zusammengebrochen.

Gell, Wladimir Wladimirowitsch Putin, da fühlst du dich richtig gut, wenn du es diesen Frauen mal so richtig zeigst! Denn als eitler Pfau erträgst du manches, aber nicht, daß man sich über dich lustig macht. Das darf nicht sein! Wozu hast du denn eine Justiz, die förmlich danach lechzt, dir die Wünsche von den Lippen abzulesen? Also wird alles, was dir zuwider ist, in Käfige gesperrt.

Bald wird auch der Blogger Alexei Nawalny in so einem Käfig sitzen. Ach, wie wirst du dich da freuen, Wladimir Wladimirowitsch! Denn dieser Blogger ist eine Zecke auf deiner Haut. Die Handlanger, die für dich im sogenannten Parlament sitzen, hat der doch tatsächlich als „Partei der Diebe und Gauner“ bezeichnet. Nein, so etwas nimmt ein Putin nicht hin.

Jetzt kannst du ihn natürlich nicht anklagen, nur weil er sich über dich lustig macht. Das ist nun mal kein Strafdelikt. Also sagst du: der Nawalny hat Holz gestohlen, ganz viel Holz. Ja, darüber lacht die ganze Welt, aber du, Wladimir Wladimirowitsch, lachst nicht. Und die Richter deines Vertrauens, daran zweifle ich nicht, werden auch Nawalny erst in den Käfig und dann in irgendeines deiner Straflager stecken.

Jetzt muß ich dir aber schon etwas sagen, Genosse Putin: ein bißchen einfallslos bist du schon. Man könnte direkt von einem gängigen despotischen Déjavu sprechen: Oppositionelle kommen nämlich niemals ins  Gefängnis, weil sie Oppositionelle sind. Nehmen wir Julia Timoschenko: auch so eine Zecke, deshalb hat der feine Herr Janukowitsch behauptet, sie habe Staatsgelder veruntreut. Ai Weiwei ist natürlich auch nicht wegen seiner Ansichten verurteilt worden, sondern wegen seiner „Wirtschaftsverbrechen“.

Und jetzt der Blogger Nawalny. Der hat Holz veruntreut – deshalb muß er in den Käfig.

So, und jetzt frage ich dich, Wladimir Wladimirowitsch Putin: für wie dumm hältst du den russischen Menschen eigentlich? Du hältst ihn, glaube ich, für sehr dumm.

Und du glaubst wirklich, daß du mit so einer Geschichte durchkommst? Ich könnte mir denken, Wladimir Wladimirowitsch, daß du womöglich einmal selbst in einem dieser Glaskäfige schwitzen wirst. Und darüber würde ich mich – nimm es mir nicht übel – von Herzen freuen.

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