Ist denn Verlieren im Sport so schlimm?

Natürlich ist Gewinnen schöner! Das bestreitet niemand. Aber es gibt bei uns, kaum daß ein Sportler versagt, eine Art von hämischer, fast vernichtender Kritik, die ich ganz schlimm finde.

Gestern haben in London die Olympischen Spiele begonnen, und ein paar unserer Schwimmer sind ausgeschieden. Nicht alle – nur Paul Biedermann und die Freistil-Staffel der Frauen. Aber kaum haben sie das Wasser verlassen, schon werden sie vom Focus-Scharfrichter angeklagt.

„Schlimmer erster Tag bei Olympia 2012“, schreibt Pierre Winkler, und fügt hinzu:

Deutschlands Schwimmer enttäuschen bei Olympia und wissen danach nicht, wieso. Besonders fatal: Biedermann und Steffen nahmen ihre Aufgaben offenbar nicht ernst genug.

Das ist ja auch wirklich eine Frechheit, daß die Schwimmer einfach so verlieren. Und dann fehlt ihnen auch noch der gehörige Ernst! Britta Steffen zum Beispiel hat ja nicht zum ersten Mal verloren, das hat der Focus-Redakteur in mühsamer Kleinarbeit recherchiert. 2008 ist sie mit der Staffel nur Fünfte geworden, und die WM 2011 war sogar „katastrophal“. Und immer hat sie nur Ausreden! 2008 war ihr „zum Heulen zumute“, 2011 hatte sie überhaupt keine Erklärung für die Niederlage, und gestern sagte sie:

Jetzt müssen wir gucken, dass wir einfach analysieren, woran es lag, unsere Lehren draus ziehen und morgen fröhlich, frischen Mutes weitermachen.

Also, ich muß sagen, daß mir diese Einstellung sehr sympathisch ist – viel sympathischer als das Pöbeln des journalistischen Scharfrichters vom Focus. Gewinnen und verlieren, das gehört doch zum Sport, das ist sogar das Wertvollste, was man im Sport lernen kann: mit Anstand verlieren.

Aber Anstand ist eine Tugend, die Sportredakteure selten besitzen.

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