Da kann man nur mit den Kopf schütteln – die Regierung verabschiedet ein neues Meldegesetz, mit dem es den Städten und Gemeinden erlaubt wird, die staatlich erhobenen Daten seiner Bürger – ohne deren vorherige Zustimmung! – an gewerbliche Datensammler weiterzugeben.
Dieser Artikel 44 war in der ursprünglichen Fassung des neuen Gesetzes noch nicht enthalten – aber wie ist er hineingekommen? Das war wohl harte Lobbyarbeit. Und bei wem sie gefruchtet haben könnte, läßt sich hypothetisch erschließen. Denn während sich fast alle Politiker jetzt von dem zu Recht beanstandeten Paragraphen distanzieren, hört man von unserem Innenminister (hier nachzulesen) folgendes:
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) wendet sich gegen übereilte Forderungen nach Korrekturen am neuen Meldegesetz. Friedrich sagte am Montag vor einer Sitzung des CSU-Vorstands in München, er warne vor „Schnellschüssen“ und empfehle jedem Politiker, sich „inhaltlich“ mit dem Thema auseinanderzusetzen. Durch das Gesetz werde der Datenschutz im Vergleich zur bisherigen Rechtslage verschärft. Friedrich wollte sich auch auf Nachfrage nicht dazu äußern, ob er gegen die vom Bundestag vorgenommenen Änderungen an dem ursprünglichen Entwurf des Innenministeriums ist. Er kritisiere als Mitglied der Bundesregierung Beschlüsse des Parlaments nicht.
Nach Berichten der Welt soll die Beschneidung der Bürgerrechte „auf ausdrücklichen Wunsch der CSU“ zustande gekommen sein. Der Gesetzentwurf wurde während des EM-Spiels Deutschland-Italien fast ohne anwesende Abgeordnete verabschiedet. Ein Zufall?
Jetzt will ich aber ganz konkret wissen: welche Lobbyisten haben mit welchen Mitteln dafür gesorgt, daß das Meldegesetz in letzter Minute so klientelfreundlich verändert worden ist?
Wer trägt im Bundestag, in der Bundesregierung und in den regierenden Parteien die Verantwortung für diese Änderung im Interesse der Adressenhändler?
Das muß doch in amtlichen Protokollen festgehalten worden sein. Oder sind die inzwischen auch „zufällig“ geschreddert worden?