Peter Scholl-Latour war gestern bei Anne Will.
Scholl-Latour, das weiß jeder, der ihn einlädt, ist ein Grantler geworden oder (wie man auf hessisch sagt) ein „Knodderer“. Mit seinen 88 Jahren hat er freilich jedes Recht dazu. Ich habe die Vermutung, daß man ihn gerade deshalb einlädt, weil er sich so herrlich unkonventionell (und bisweilen auch grob unhöflich!) aufführt.
Aber er ist nicht nur ein Grantler – er hat auch ein Wissen über die arabischen und islamischen Länder wie wenige andere. Seit den 50er Jahren hat er alles persönlich kennengelernt, was in der Region Rang und Namen hat.
Und er hat keine Illusionen mehr.
Aber in große Runden, wie sie heute üblich sind, sollte er sich nicht mehr einladen lassen. Da bleiben ihm, wenn er sich Gehör verschaffen will, nur grobe Sätze („Das ist doch Quatsch, was Sie da sagen!“), und er erntet allenfalls ein mitleidvolles Lächeln der Gesprächsteilnehmer. Aus seinem reichen Erfahrungsschatz kann er so kaum etwas mitteilen.
Man sollte ihn lieber allein interviewen oder zusammen mit einem einzelnen, klugen Gesprächspartner – dann würde er sicher, wie einst, zu großer Form auflaufen.
Aber das ist für mich ja ohnehin ein Ratschlag an die ARD (der mit Sicherheit nie beherzigt werden wird!): streicht alle Talkshows und sendet Gespräche, nur noch Gespräche! Nur so kann man kluge Menschen wirklich kennenlernen. Gerade bei Sandra Maischberger sieht man, wie sie aufblüht, wenn sie sich mit einem einzelnen Gesprächspartner unterhält (Helmut Schmidt zum Beispiel) – und wie schwer es ihr fällt, die Dompteuse in einer der üblichen Krawall-Gruppen zu geben.
Im kleinsten Kreis miteinander sprechen, statt sich anzuschreien – nur so ist das Format zu retten.
Es sei denn, man will gerade das Aufeinandereinschreien und die Claqueure im Publikum haben.
Auf so ein entertainment kann ich aber verzichten.