Karikaturen – eine Provokation?

Es ist erstaunlich, daß nicht nur Hannelore Kraft und ihr Innenminister, sondern auch viele Journalisten die Splittergruppe „Pro NRW“ mit den gewalttätigen Salafisten auf eine Stufe stellen. Sie handeln aber keineswegs gleich: die einen zeigen Karikaturen, was ihr gutes (und selbstverständliches!) Recht ist – die anderen gehen mit brutaler Gewalt auf Polizisten los und verletzen 29 von ihnen.

Mir ist die Bewegung „Pro NRW“ mit ihrer dubiosen Herkunft nun wirklich nicht sympathisch, ich will auch nichts mit ihr zu tun haben. Aber wie kommt es, frage ich mich, daß sie mit den Karikaturen so viel öffentliches Aufsehen erregt und bei den Salafisten so viel Haß auslöst? Das ist nur deshalb möglich, weil die etablierten Parteien, vor allem SPD, Grüne und Linke mit ihrem sanften Beschwichtigungskurs gegenüber archaisch denkenden Muslimen, mit ihren Beschwörungen eines romantisch verklärten Weltbildes die Wirklichkeit längst aus den Augen verloren haben. Wer einmal gehört hat, wie etwa der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, davon redet, wie er durch seinen Kiez geht und überall nur freundliche Bürger sieht, der ahnt, daß hier ideologisches Denken stattfindet, das sich durch die rauhe Wirklichkeit nicht mehr korrigieren läßt. So dogmatisch wie die Verfechter des Multikulturalismus war nicht einmal die katholische Kirche in ihren schlimmsten Tagen.

Zum archaischen Denken gehört nämlich immer auch, daß jedes Entgegenkommen der anderen Seite als Schwäche ausgelegt wird. Deshalb darf man vor solchen Gruppen keinen Schritt zurückweichen.

Als der Autor der Satanischen Verse – nur wegen eines Romans – mit der Ermordung bedroht wurde, hätte jede Zeitung, jeder Verlag in Europa zumindest Teile davon abdrucken sollen. Das war doch eine Sache der Ehre! Und als den dänischen Karikaturisten das gleiche Schicksal widerfahren sollte, hätten ihre Karikaturen in allen europäischen Blättern stehen müssen. Warum ist das nicht geschehen? Es war ein Zurückweichen vor der Gewalt, und dieses Zurückweichen hat diese rückständigen, haßerfüllten Menschen nur zu noch mehr Gewalt angestachelt.

Wenn jetzt ein fragwürdiges Grüppchen in Nordrhein-Westfalen diese Karikaturen öffentlich zeigt und soviel Haß auf sich zieht, dann müssen sich unsere Politiker, Journalisten, Publizisten fragen lassen: warum habt ihr diese Karikaturen denn nicht gezeigt? Hättet ihr damals den Mut gehabt, für die Freiheit der Kunst mutiger einzustehen, wie es doch eure moralische Pflicht war, dann müßten wir uns mit dieser Splittergruppe heute gar nicht beschäftigen.

Und noch eines, weil immer wieder von der schlimmen Provokation dieser kleinen Gruppe gegenüber den Muslimen die Rede ist. Die christliche Kirche darf in unserem Land von jedermann provoziert, verhöhnt und verunglimpft werden, das ist keinem Journalisten auch nur eine Zeile wert. Im Zweifelsfall handelt es sich dabei um Kunst, um Installationen oder (wie man es früher nannte) um Happenings. Muß man vor Muslimen mehr Respekt haben als vor Christen? Darf man die einen provozieren, während man die anderen, weil manche von ihnen zur Gewalt neigen, mit Sammethandschuhen anfaßt?

Ich bin – absolut und ohne jede Einschränkung! – für die Freiheit der Kunst, auch wenn sie an den schlechten Geschmack appelliert und besser gar nicht entstanden wäre. Diese Freiheit, auch wenn sie manchmal Sumpfblüten treibt, gehört zum unerschütterlichen Fundament unseres Landes. Deshalb darf es keiner Gruppe und auch keiner Religion erlaubt werden, auf Kunst mit Gewalt zu antworten.

Wer nicht einmal eine Karikatur oder einen Roman erträgt, ohne zum Messer zu greifen, der hat – diese drastische Ausdrucksweise sei mir erlaubt – in unserem freiheitlichen Bürgerstaat nichts zu suchen.

Es gibt genügend Länder auf der Welt, die archaisch genug verfaßt sind, daß er sich in ihnen mit einem solchen Denken wohlfühlen kann. Dorthin möge er bitte gehen.

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