Karfreitagstänzer, Spaßbürger, Piraten

Ich gestehe, daß mir fast übel wird, wenn ich lese, was für eine dumme, geistig anspruchslose Religionsfeindlichkeit in vielen Internetforen zutage tritt. Wohlgemerkt: nicht die Meinung an sich verurteile ich, jeder darf den Karfreitag nach Herzenslust überholt finden, jeder kann in einer gottlob freien Gesellschaft Atheist, Zeuge Jehovas, Buddhist – oder auch gar nix sein. Aber wenn ich sehe, wie diese Karfreitagstänzer schreiben und pöbeln, dann ist mir das einfach nur peinlich. Aus welchen Elternhäusern und Schulen kommen die?

Ohne ein Minimum an gegenseitigem Respekt kann eine Gesellschaft nicht funktionieren – aber was ich da lesen muß, ist blanke Verachtung, Rücksichtslosigkeit, dumpfes, auch im sprachlichen Ausdruck pubertäres Aufbegehren von jungen Menschen, die offenbar in einem eigenen Kosmos, einem luftleeren Raum leben, nicht nur ohne Religion, was jedem unbenommen ist, sondern auch ohne ein Bewußtsein von Kultur und Geschichte. Es ist ein merkwürdiges Paradoxon, daß ausgerechnet das Beharren auf unbegrenztem Spaß mit soviel Aggressivität und Gehässigkeit vorgetragen wird.

Mit dem Leitbild des Bürgers (auch im Sinne von Joachim Gauck) hat das nichts zu tun. Bürger streiten nämlich miteinander, ohne daß sie den anderen beschimpfen und verachten.

Zur Illustration nur ein paar Beispiele aus einem Forum des Hessischen Rundfunks (alle in der unkorrigierten Orthographie der jeweiligen Beiträger):

Wie kann man in der heutigen Zeit die Religion so ernst nehmen. Es fehlt nur noch das die Menschen mit Misstgabeln ausgestattet auf ihres gleichen jagen. Es ist doch „entschuldigung“ absoluter Schwachsinn, das Tanzen zu verbieten um ein Zeichen gegen das Foltern zu setzen. Und ist es den keine Folter, wenn man dem Menschen ein wenig Spaß verbietet?

Was sollen bitte schön diese auferlegten religiösen Feiertage, die braucht doch kein Mensch. Genauso wenig brauche ich die staatlich verordnete Tanzpause. Wer Karfreitag für notwendig hält möge bitte in die Kirche seiner Wahl gehen, aber uns in Ruhe lassen.

So ein Schwachsinn, jeder soll machen was er möchte.

Am besten machen wir alle an Karfreitag eine große Party.

Wie kommen dann einige erzkonservative Leute dazu, die im Verwaltungsapparat sitzen und selbst mit Politik garnichts am Hut haben, hier plötzlich den Gottesstaat auszurufen und so einen Firlefanz anzuzetteln? Es sollte wohl jedem selbst überlassen sein, wann er feiert, betet, tanzt, isst oder aufs Klo geht. Wär ein netter Termin für ’ne Nachttanzdemo, ich weiss auf jeden Fall was ich machen werde am Karfreitag, ich geh‘ tanzen.

Wenn andere ihre Irrationalität ausleben wollen – bitte schön – aber ich will nichts damit zu tun haben und erst recht will ich keine Vorschriften von solchen Leuten akzeptieren müssen.

Ich werde an Karfreitag tanzen, und zwar richtig schön auf dem Pick Up eines Freundes, denn schliesslich ist CAR-Freitag.

Allerdings ist es erfreulich, daß sich doch auch sehr viele Menschen, die sich im Forum äußern, über den platten Egoismus der Karfreitagstänzer aufregen. Die fordern nämlich Toleranz für ihren Tanzspaß, denken aber nicht im Traum daran, religiöse Gefühle bei anderen zu tolerieren. Aber Toleranz ist immer Toleranz für den Andersdenkenden oder Andersgläubigen, und wer sich weigert, an drei (!) von 365 Tagen auf das Tanzen zu verzichten, wer also selbst an den drei stillsten Feiertagen unseres Landes seinen vehementen Egoismus und seinen Spaß durchsetzen will, dem muß man – leider! – gesetzlich seine Grenzen aufzeigen. Wenn diese Rücksichtnahme, die eigentlich selbstverständlich ist, schon im Elternhaus gelernt worden wäre, bedürfte es keiner gesetzlichen Regelung.

Die oben zitierte Meinung „Jeder soll machen, was er möchte!“ könnte übrigens, wenn es denn je eines geben sollte, als Präambel im Parteiprogramm der „Piraten“ stehen.

Wer von „Gottesstaat“ und „Folter“ (!) spricht, nur weil er an drei, vier Tagen im Jahr nicht tanzen darf, kann in einer Bürgergesellschaft nicht ernstgenommen werden.

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