Ein Fußtritt von Präsident Karsai

Wo Hamid Karsai ohne die damals dringend gebotene Intervention internationaler Streitkräfte in Afghanistan heute wäre, kann niemand sagen, aber er wäre ganz sicher nicht der Präsident seines Landes geworden.

Zunächst hatte es den Anschein, als wüßte er das auch. Aber in den letzten Jahren mehren sich die Anzeichen dafür, daß er sich nun stark genug fühlt, seine Machtposition auch ohne die internationalen Truppen zu halten. Er kommentiert jeden Vorfall, bei dem afghanische Menschen ums Leben kommen – selbst wenn es sich um den Amoklauf eines geistig Gestörten handelt – mit schneidender Schärfe. Damit bedient (und verstärkt!) er die antiwestlichen Ressentiments in seinem Land. Wenn aber umgekehrt seine Landsleute die ausländischen Truppen angreifen, hört man von ihm kein Wort.

Diese Truppen haben, obwohl sie keinerlei Interessen in dem Land haben, einen hohen Blutzoll gezahlt. Fast 3.000 Soldaten der internationalen Truppen sind dort gefallen, darunter 53 Soldaten der Bundeswehr. Sie sind vor elf Jahren in das Land gegangen, weil die internationale Staatengemeinschaft nicht länger zusehen durfte, wie das Steinzeit-Regime der Taliban – man denke nur an die Zerstörung der Buddha-Statuen von Bamiyan! – nicht nur im Innern jedes Menschenrecht mit Füßen trat, sondern auch den islamistischen Terror in alle Welt exportierte.

Ich weiß, daß der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan in Deutschland mehr als umstritten ist. Auch in meiner Familie wird oft heftig darüber diskutiert. Aber er war damals, jedenfalls nach meiner Meinung, unvermeidlich.

Der große, ja der unverzeihliche Fehler war, daß man in viel zu geringer Truppenstärke in das Land gegangen ist, und dieser Fehler ist einzig und allein dem amerikanischen Präsidenten zuzuschreiben. Die alte Rechnung mit Saddam Hussein zu begleichen, war Bush wichtiger als ein gründlicher und dauerhafter Sieg über die Taliban.

So haben sich die Taliban mit pakistanischer Hilfe langsam wieder formieren können. Wenn Karsai jetzt die ausländischen Truppen – für viele Afghanen sind sie schlicht: die Ungläubigen! – so schnell wie möglich aus dem Land werfen möchte, dann sollten wir ihm den Gefallen tun. Wenn nämlich der letzte ausländische Soldat Afghanistan verlassen hat, sind seine Tage ohnehin gezählt.

Das Problem ist damit freilich nicht gelöst, denn wenn Afghanistan irgendwann in der Zukunft wieder zu einer Brutstätte des internationalen Terrorismus wird – was machen wir dann? Es ist eine Frage, auf die ich auch keine Antwort weiß.

Aber für ein so undankbares Regime, das obendrein die Demokratisierung des Landes und die Gleichberechtigung von Mann und Frau nie wirklich in Angriff genommen hat, sollte kein ausländischer Soldat mehr sein Leben verlieren.

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