Mancher mag erschrocken sein, als gestern die ersten Bilder aus dem neuen ägyptischen Parlament zu sehen waren. Ich, ehrlich gesagt, auch.
Bärtige alte Männer, kaum Frauen – und die Jugend, die unter Einsatz ihres Lebens die Demokratie erkämpft hatte, war nur mit wenigen Abgeordneten vertreten.
Da tut sich eine neue und sehr schwierige Frage auf. Wie sollen wir damit umgehen, wenn bei freien Wahlen – und frei waren sie ja offenbar – Parlamente und Parteien gewählt werden, die uns ganz und gar nicht gefallen? Bei mir haben sich jedenfalls bei diesem Anblick die Zweifel daran verstärkt, ob der ägyptische Weg wirklich in Richtung Freiheit und Demokratie gehen wird. Die religiösen Parteien waren am besten organisiert, und daß ein Teil der Abgeordneten den Eid mit der Einschränkung versehen hat, „wenn es nicht der Scharia wiederspricht“, ist sehr bedenklich.
Aber erst einmal sind wir nur Zuschauer, und wir sollten nicht gleich alle Hoffnung fahren lassen. Was sich da ereignet, ist ein Experiment mit ungewissem Ausgang. Wir müssen Ägypten Zeit geben, das Chaos zu ordnen, aber wir sollten auch von Anfang an klarmachen, daß wir ein Land nur dann freundschaftlich unterstützen, wenn es die Menschenrechte einhält – und dazu gehört nun einmal die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Und es gehört dazu die freie Religionsausübung ohne jede Diskriminierung.
Ägypten weiß hoffentlich auch, wie sensibel der Tourismus auf die politischen Verhältnisse eines Landes reagiert. Wenn sich das Land auf eine engstirnige salafistische Gesellschaft zubewegt, wird der Tourismus endgültig zusammenbrechen.
Niemand will das, aber nur die Ägypter selbst können es verhindern.