Kennen Sie Gerhard Stadelmaier? Er ist der für das Theater zuständige Redakteur der F.A.Z. – aber er ist, wie man heute sieht, viel mehr als das.
Stadelmaier ist, was ihn schon ehrt, ein unermüdlicher Kämpfer gegen das heutige Regietheater, das – statt tief ins Menschliche zu rühren – seit Jahrzehnten im armselig Provokanten verharrt und nicht ums Humanum, sondern immer wieder ums Urinal-Fäkalische kreist. Er hat sich dadurch die Rage der Regisseure zugezogen, die bis hin zu tätlichen Angriffen gegangen ist.
Anders als die bedauernswerten Regisseure, die er zu Recht bloßstellt, hat Stadelmaier etwas, was ihn wirklich auszeichnet: Wortgewalt. Ob er lobt oder verreißt – es ist immer eine intellektuelle Freude, seine Beiträge zu lesen. Sie allein (aber das nur nebenbei) wären schon Grund genug, die Frankfurter Allgemeine zu lesen.
Aber heute hat er einen Artikel geschrieben, der zum Besten gehört, was man seit langem in einer Zeitung gelesen hat. Es ist eine Liebeserklärung an einen Politiker – ja, so etwas gibt es tatsächlich! Heute hat man, wenn es hochkommt, Respekt oder Achtung vor dem einen oder anderen unserer Politiker, aber selbst das kommt nur noch selten vor. Aber eine Liebeserklärung?
Der Artikel heißt Theodor Heuss – Mein Bundespräsident, und Sie sollten, wenn es irgendwie geht, so schnell wie möglich einen Kiosk suchen, der noch ein Exemplar davon hat.
Und dann sollten Sie das Feuilleton gut aufheben, damit Sie es später auch noch Ihren Kindern und Enkeln zeigen können. Falls Sie aber kein Exemplar mehr auftreiben, können Sie den Artikel immerhin auf den Seiten der F.A.Z. lesen.
Tun Sie es, unbedingt!
Natürlich hat Stadelmaier den Artikel „aus gegebenem Anlaß“ geschrieben – und jeder Satz dieser Liebeserklärung an „Papa Heuß“ läßt den Verlust aufscheinen, unter dem wir leiden. Wo heute in Amt und Würden ein Funktionsträger steht, da war – immerhin zehn Jahre lang, von 1949 bis 1959 – ein kluger, gebildeter und (wie alle wirklich Gebildeten) bescheidener Mensch.
Er war ein Segen, schreibt Stadelmaier, und selbst in dieser biblischen Diktion hat er recht.
Leider muß man über sechzig sein, um noch eine persönliche Erinnerung an Heuss zu haben, aber gerade deshalb ist ein Artikel wie der von Stadelmaier auch für die Jüngeren kostbar. Mit ein paar Sätzen, mit ein paar Erinnerungen und Bildern läßt er eine Zeit wiedererstehen, die eben nicht nur die „Adenauerzeit“, sondern auch die „Papa Heuß-Zeit“ war.
Lieber Herr Stadelmaier, es gibt ja leider keinen Nobelpreis für Journalismus, deshalb möchten wir Ihnen wenigstens – in der Mundart des liebenswerten Mannes, über den Sie geschrieben haben und mit unser beider Dank für Ihren ganz herausragenden Artikel (auch meine Frau war sehr gerührt) – wir möchten Ihnen also, wenn Sie erlauben, unser ganz privates Nobelpreisle verleihen.
Und natürlich freuen wir uns schon auf Ihren nächsten Artikel!