Über die „wohlbesoldete Kathederphilosophie“

Mit diesem Begriff belegt Schopenhauer die Philosophieprofessoren seiner Zeit, die seiner Ansicht nach nicht Philosophie, sondern „spekulative Theologie“ betreiben. Da sie vom Staat bezahlt werden, müssen sie hundert Rücksichten nehmen – „wes Brot ich eß, des Lied ich sing“. Für sie hat er nur Verachtung übrig, weil sie, anders als er, das einzige Ziel aller Philosophie – die unbedingte Suche nach der Wahrheit – verraten haben.

Aber hören wir ihn selbst.

Was nun, in aller Welt, geht meine rücksichtslose und nahrungslose, grüblerische Philosophie, – welche zu ihrem Nordstern ganz allein die Wahrheit, die nackte, unbelohnte, unbefreundete, oft verfolgte Wahrheit hat und, ohne rechts oder links zu blicken, gerade auf diese zusteuert, – jene alma mater, die gute, nahrhafte Universitätsphilosophie an, welche, mit hundert Absichten und tausend Rücksichten belastet, behutsam ihres Weges daherlavirt kommt, indem sie allezeit die Furcht des Herrn, den Willen des Ministeriums, die Satzungen der Landeskirche, die Wünsche des Verlegers, den Zuspruch der Studenten, die gute Freundschaft der Kollegen, den Gang der Tagespolitik, die momentane Richtung des Publikums und was noch Alles vor Augen hat?

Oder was hat mein stilles, ernstes Forschen nach Wahrheit gemein mit dem gellenden Schulgezänke der Katheder und Bänke, dessen Innerste Triebfedern stets persönliche Zwecke sind?

Vielmehr sind beide Arten der Philosophie sich von Grunde aus heterogen. Darum auch giebt es mit mir keinen Kompromiß und keine Kameradschaft, und findet bei mir Keiner seine Rechnung, als etwan Der, welcher nichts, als die Wahrheit suchte.

Nachzulesen in der Vorrede zur zweiten Auflage seines Hauptwerks „Die Welt als Wille und Vorstellung“.

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