Der Tatort „Ein ganz normaler Fall“

War das wirklich nötig? Soviele hölzerne Belehrungen, so viel Schulfunk?

Da fällt dem Aaron sein Käppchen herunter, und es entsteht folgender Dialog:

Batic: „Dir ist da grad dein Käppchen heruntergefallen.“
Aaron: „Das ist meine Kippa.“
Batic: „Kippa?“

Wir alle wissen, daß hier nicht etwa Aaron dem Kommissar erklärt, was eine Kippa ist, sondern – die Drehbuchautoren erklären es dem Zuschauer.

Und so geht es weiter. Wie z.B. macht man dem Publikum begreiflich, was ein Schames ist? In der Schulfunkvariante geht das so:

Aaron: „Aaron ist der Schames vom Rebbe.“
Batic: „Der Schames, das is ja’n Ding. Der Schames, das ist doch der, der …“
Aaron: „Der Assistent vom Rabbiner, ja.“

So, jetzt hat es auch der letzte Zuschauer begriffen.

Oder das: Leitmayr erzählt seinem Kollegen, daß er nie in Dachau war. Dachau? Damit der Zuschauer etwas mit dem Wort „Dachau“ anfangen kann, lassen die Drehbuchschreber Batic nachfragen:

In der KZ-Gedenkstätte?

Ach so, stimmt ja – Dachau war ein Konzentrationslager!

Und so gehen Batic und Leitmayr wie die Kinder mit großen Augen durch die Welt der jüdischen Eingeborenen und wundern sich über ihre seltsamen Sitten und Gebräuche. Nichts ist beiläufig, alles wird ausgesprochen und dem Zuschauer gut vorgekaut erklärt: vom koscheren Kuchen bis zum deutsch-jüdischen Verhältnis – es wird nichts ausgelassen.

Und am Schluß holt Leitmayr seinen Besuch in Dachau nach – Sie wissen ja: in der KZ-Gedenkstätte Dachau.

Dieser Tatort ist wirklich politisch korrekt bis zur letzten Sekunde.

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