Es ist wahr – was Polizei und Verfassungsschutz sich bei der Aufklärung der Zwickauer Terrorzelle geleistet haben, ist geradezu katastrophal. Es ist unfaßbar, daß eine kleine Gruppe von Mördern so lange unentdeckt bleiben konnte.
Das ist die eine Seite der Geschichte – und wer der deutschen Sprache mächtig ist, wird überall lesen können, wie intensiv gerade diese Fehler bei uns diskutiert werden. Ich bin sicher, daß auch der letzte Mitwisser und Helfer dieser Bande bald seiner gerechten Strafe zugeführt werden wird.
Eine andere Sache sind die schrillen Töne aus Ankara. Man hat ja förmlich schon darauf gewartet! Wir sollen also, sagt der türkische Ministerpräsident, „die mögliche Verwicklung staatlicher Stellen unter die Lupe nehmen“.
Aber was heißt hier „Verwicklung“? Will er damit sagen, daß staatliche Stellen an den Morden beteiligt waren?
Der Ministerpräsident deutet an, daß es bei uns einen ähnlichen Staat im Staat geben könnte, wie er ihn in seiner Heimat in Gestalt der Verschwörer von Ergenekon gefunden haben will. Dieses Gespenst von einer Verschwörung – so sieht es jedenfalls die ganze Welt außerhalb der Türkei – ist freilich nichts anderes als ein Vorwand, um alles, was dem Ministerpräsidenten und seiner Partei im Wege steht, mit Hilfe von willfährigen Richtern und Staatsanwälten beiseitezuräumen.
Wir hier in Deutschland sollten uns, so Erdogan, „bei der Aufarbeitung des Rechts-Terrors ein Beispiel an der Türkei nehmen“.
Würden Sie es uns sehr übelnehmen, Herr Ministerpräsident, wenn wir diesen Rat ausschlagen? An den freundlichen Menschen in der Türkei wollen wir uns gern ein Beispiel nehmen – von ihnen können wir wirklich etwas lernen. Aber vom politischen System in der Türkei?
Nein.
Wir sind hier nämlich mit unserer kleinen Demokratie ganz zufrieden. Sie ist nicht perfekt, aber gegen das türkische Modell möchten wir sie nun wirklich nicht eintauschen.
Das sehen sicher auch die meisten unserer türkischen und türkischstämmigen Mitbürger so – sonst wären sie ja wohl nicht zu uns gekommen, nicht wahr?