Er fragt das Volk, der Schuft!

Der griechische Ministerpräsident Papandreou läßt das Volk darüber abstimmen, ob es das, was man in unseren Medien „Hilfspaket“ nennt (ein zynischer Euphemismus!), auch will. Das ist eigentlich, wenn man es recht bedenkt, eine Selbstverständlichkeit. Wenn man in einer Frage, bei der es um das wirtschaftliche Überleben des ganzen Landes geht, das Volk nicht fragt, was ist dann die Demokratie noch wert?

Deshalb ist das eigentliche Skandalon nicht Papandreous Ankündigung, sondern die europäische Reaktion darauf. Ganz Europa sei im Schockzustand, liest man da. Ach ja? Als die verantwortungslosen Zocker aus der Finanzwelt nicht nur Banken, sondern ganze Länder ins Unglück gestürzt haben, war Europa nicht im Schockzustand. Auch das üble Spiel der Ratingagenturen hat unsere Regierungen noch nie in einen Schockzustand versetzt. Aber ein demokratisches Referendum – nein, das geht zu weit.

Die Demokratie, scheint mir, ist in Europa auf dem Rückzug. Dieser Prozeß vollzieht sich freilich nicht in den Formen der Vergangenheit, als mit Diktatoren wie Franco, Salazar oder den griechischen Obristen noch Einzelne den Niedergang der Demokratie verkörpert haben. Heute wird die Demokratie von innen ausgehöhlt, und ihre Feinde sind anonym und offenbar unangreifbar. Die großen Entscheidungen werden nicht mehr vom Staatsvolk diskutiert, sondern in kleinen Zirkeln von angeblich „Sachverständigen“ gefällt. So werden die Politiker immer  mehr zu Marionetten einer außer Rand und Band geratenen Wirtschafts- und Finanzwelt. Kaum jemand wagt es deshalb noch,  über grundlegende Entscheidungen wie z.B. die Einführung des Euro öffentlich zu debattieren oder gar die Bevölkerung darüber abstimmen zu lassen.

Daß alle Welt entsetzt ist über Papandreou, zeigt nur, wie wenig uns die Demokratie noch wert ist. Sie ist eigentlich nur noch ein Störfaktor. Da hat man mit Banken und Investoren und sogar mit der Slowakei so schöne Pakete geschnürt – und dann soll man auch noch das Volk fragen?

Das wäre ja noch schöner!

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