Es war einmal ein kleines Örtchen im Norden unseres Landes, das hieß Negernbötel. Keine tausend Seelen wohnten daselbst, und das Leben war beschaulich und ging seinen ruhigen Gang.
Ach, schön wär’s ja, aber so beginnen nur Märchen. Nein, eine Autobahn, die BAB 21, verläuft mitten durch das Gemeindegebiet, dazu ein Stück der Bundesstraße 205, und an der Gemeindegrenze gibt es noch einen Flugplatz. Es gibt einen Lärmaktionsplan. Das alles macht den Bewohnern zu schaffen.
Aber für all das interessiert sich die Grüne Jugend im Kreis Segeberg überhaupt nicht. Für Lärm und Zersiedlung ist sie nicht zuständig. Ihr Interesse beschränkt sich auf den garstigen Namen des Ortes: NEGERNBÖTEL. Ihre Forderung nach sofortiger Umbenennung veröffentlicht die Parteijugend auf Instagram:
Der Ortsname N***rnbötel enthält das sehr verletzende und rassistische N-Wort. Natürlich bedeutet das nicht, dass die Einwohner*innen des Dorfes rassistisch sind, aber es bedeutet, dass wir ein Wort, welches für Rassismus, Unterdrückung und Mord an Black, Indigenous, People of Color steht, ehren und uns keine Gedanken darüber machen.
Ich verzichte diesmal auf die Frage, an welcher Schule und bei welchem Deutschlehrer der grüne Autor dieser Zeilen sein Abitur gemacht hat; er würde es mir ohnehin nicht verraten. Der Schock aber, den der Ortsname bei ihm ausgelöst hat, ist so tief, daß er es nicht übers Herz bringt, das Wort niederzuschreiben. Um die zarten Seelen der „Black, Indigenous, People of Color“ (was für eine kreative Mischung aus Adjektiven und Substantiven!) zu schützen, schreibt er das „N-Wort“ mit Sternchen. Durch diesen genialen Trick wird das Wort unsichtbar und kann keinen Schaden mehr anrichten.
Nun gibt es freilich ein kleines Problem. Das Wort Negernbötel, das bis auf das Jahr 1306 zurückgeht, hat mit schwarzen Menschen gar nichts zu tun. „Bötel“ bedeutet Siedlung, „negern“ näher. Es ist also eine Siedlung, die damals näher am Kloster Segeberg lag als das entferntere Fehrenbötel. Das hat auch die Grüne Jugend gegoogelt, aber von so gelehrtem Zeugs läßt sie sich nicht beeindrucken. Das Plattdeutsche sei ja keine verbreitete Sprache, und bei den allermeisten Menschen löse das Wort „N***r“ eine andere Assoziation aus. Die Umbenennung sei nötig.
Da sind die Einwohner freilich anderer Meinung, und Marco Timme, der Bürgermeister, auch. Wen das Wort störe, sagt er, „der kann ja woanders wohnen“. Man sieht sofort, daß Timme zur „eklig-weißen Mehrheitsgesellschaft“ gehört – eine Bezeichnung übrigens, die der heutigen Bundessprecherin der Grünen Jugend nicht fremd ist.