Bei mir mehren sich in letzter Zeit seltsame Gedanken. Lebe ich vielleicht – so kommt es mir immer öfter vor – in Absurdistan, einem Land, das mit jedem Tag skurriler und lächerlicher wird? Es hat eine Zeit gegeben, da hatte man auf der ganzen Welt Angst vor den Deutschen. Das war nicht schön, und es kommt hoffentlich nie wieder vor. Aber es ist auch nicht angenehm, wenn tout le monde lacht über dieses merkwürdige Völkchen, das nur noch aus Musterschülern und Moralaposteln besteht. Daß früher einmal am deutschen Wesen die Welt genesen sollte, war nicht gut. Jetzt wollen wir also – wenigstens das! – die Welt retten.
Da wollte die Stadt München aus Protest gegen die ungarische Homosexuellenpolitik ihr Stadion in regenbogenfarbiges Licht tauchen. Der rein politische Grund war im Antrag an die UEFA ausdrücklich angegeben. Daß der zur Neutralität verpflichtete Verband diesen Antrag ablehnen mußte, war jedem Menschen mit durchschnittlicher Intelligenz klar. Aber der Münchener Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) stellte sich gleich darauf – scheinbar fassungslos – vor die Kameras und sagte folgendes:
Ich finde es beschämend, dass die UEFA es uns verbietet, hier in München ein Zeichen für Weltoffenheit, Toleranz, Respekt und Solidarität mit der LGBTIQ-Community zu setzen.
Soviel ideologisches Vokabular in einem einzigen Satz! Und wie flüssig ihm die LGBdingsda-Abkürzung in englischer Sprache (hier einzusehen) über die Lippen geht!
Ich muß zugeben, daß ich es kaum mehr ertragen kann, wie so schöne Wörter wie Weltoffenheit, Toleranz, Solidarität usw. von einer Minderheit in ihrer Bedeutung immer mehr eingeengt und fast nur noch im Hinblick auf sexuelle Praktiken verwendet werden. Es gibt nämlich, liebe Regenbogenfreunde, jenseits der Sexualität auch noch andere wichtige Dinge in der Welt! Als Orbán die Presse gleichgeschaltet hat und von der Demokratie nur noch eine Fassade hat stehenlassen, da hat niemand von euch irgendein Gebäude anstrahlen wollen. Erst sein Homosexuellengesetz hat euch in Erregung versetzt.
Wer „weltoffen“ ist (so wird das Wort zum Beispiel im Wahrig definiert), ist „voller Interesse für alles, was in der Welt geschieht“. Was für eine schöne Formulierung, besser kann man es nicht sagen! Man ist doch nicht weltoffen, nur weil man auch noch die letzte sexuelle Spielart oder „Orientierung“ voller Begeisterung begrüßt. Und dann erst „Toleranz“ und „Solidarität“! Das sind Wörter, die zu den Wurzeln und zum Wesenskern der europäischen Kultur gehören. Es ist ein Akt der Kultur- und Geschichtslosigkeit, ja geradezu ein Frevel, mit ihnen nur noch den Gedanken an sexuelle Minderheiten zu verknüpfen. Die ganze Einseitigkeit dieser vom linken und grünen Lager forcierten Kampagne erkennt man schon daran, daß gegen Ungarn ein maßloser Zorn entfacht und das Verbot der Regenbogenbeleuchtung am Abend zur wichtigsten Meldung der Tagesschau (!) erhoben wurde, während bei den EM-Spielen von Rußland und der Türkei keine Rede von Menschenrechtsverletzungen war. Für die Opfer von Putin und Erdogan wurde nicht einmal ein Kerzlein angezündet – so erfolgreich ist die Lobbyarbeit der Schwulen- und Lesbenverbände, deren Ideologie inzwischen sogar tief in die CDU eingedrungen ist.
Wenn man nur für ein einziges Thema ficht, dann ist man nicht weltoffen, sondern borniert, nicht weitherzig, sondern eng im Geiste – und schlimmstenfalls plappert man nur nach, was einem die Lobbyverbände und ihre politischen Handlanger vorsagen.
Am Anfang war das Wort – mit den Wörtern fängt alles an, wie es auch in dem Zitat heißt, das die Schriftstellerin Ulla Hahn vor einiger Zeit in einem Artikel erwähnt hat, und das, wohl fälschlich, dem Talmud zugeschrieben wird:
Achte auf deine Gedanken, denn sie werden Worte.
Achte auf deine Worte, denn sie werden Handlungen.
Achte auf deine Handlungen, denn sie werden Gewohnheiten.
Achte auf deine Gewohnheiten, denn sie werden dein Charakter.
Achte auf deinen Charakter, denn er wird dein Schicksal.
Das sei Oberbürgermeistern und Journalisten ins Stammbuch geschrieben.
PS: Sexueller Mißbrauch an Menschen wird bestraft. Wer die Sprache mißbraucht, bleibt straffrei.