Der Mais, das Benzin und die Heuschrecken

In letzter Zeit häufen sich die Meldungen, daß Getreide auf dem internationalen Markt immer teurer wird. Mais zum Beispiel kostet inzwischen wegen der schlechten US-Ernte im letzten Jahr so viel wie nie zu vor (F.A.Z. vom 9. April 2011). Nicht alle sind darüber traurig. Die Spekulanten der Hedge-Fonds reiben sich die Hände. Jean-Marc Bonnefous, der Gründer des Hedge-Fonds Tellurian Capital, freut sich: „Ich halte Mais in diesem Jahr für den interessantesten Agrarrohstoff.“

Und dann folgt die erschreckendste Zahl dieses F.A.Z.-Artikels: schon jetzt landen sage und schreibe 40 % der amerikanischen Maisernte als „Bio-Sprit“ in den Autotanks! In Brasilien ist es noch schlimmer, dort wird auf einer Fläche von neun Millionen Hektar Zuckerrohr nur für die Ethanolproduktion (also fürs Benzin) angebaut, fruchtbares Land, das für die Ernährung der Menschen verloren ist und überdies mit giftigen Chemiecocktails besprüht wird. Und diese Fläche soll, wenn es nach der brasilianischen Regierung geht, auf unvorstellbare 65 Millionen Hektar erweitert werden. Auch in anderen Ländern Mittel- und Südamerikas steigt die Zuckerrohrproduktion für den „Bio-Sprit“ an und hat wegen der eingesetzten Gifte bei den Beschäftigten schon zu vielen Fällen von Invalidität, vor allem wegen Nierenversagens, geführt. Die EU, die viel von Nachhaltigkeit schwätzt, importiert jedes Jahr 1,5 Millionen Tonnen dieses Zuckerrohr-Ethanols, für das große Flächen von Savannen und Regenwäldern vernichtet werden.

Von dem Getreide, das man für eine einzige Tankfüllung eines Geländewagens verbraucht, kann sich übrigens ein Mensch ein ganzes Jahr satt essen, so Lester Brown, der Leiter des Washingtoner Earth Policy Institute.

Ich weiß, das Wort „Sünde“ ist ziemlich altmodisch, wie alle religiösen Begriffe hört man es nicht mehr gern. Aber Sünde bedeutet doch eigentlich nur, daß man sich gegen etwas vergeht, was gut ist und Bestand haben sollte. Das Getreide, das will ich damit sagen, ist zum Essen da, und nicht, um es im Tank zu vernichten. Und es ist schon gar nicht dafür da, den Hedge-Fonds zu höheren Profiten zu verhelfen. Das ist ein Frevel, ein Vergehen wenigstens an der Natur (wenn man schon an ein höheres Wesen nicht mehr glaubt).

Das Wort „Bio-Sprit“ sollte also jedem, der es gebraucht, im Halse stecken bleiben.

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