„Zum Teil acht Schwerverletzte“

So lautete vor einiger Zeit eine (traurige) Meldung in der Onlineausgabe der Offenbach-Post (hier nachzulesen):

Auf der K172 in Langen (Kreis Offenbach) passiert an Weihnachten ein Unfall mit zum Teil acht Schwerverletzten.

Wer noch ein bißchen Sprachgefühl hat, und das sind leider immer weniger Menschen, selbst da, wo Sprache schwarz auf weiß gedruckt wird, wer also Sprachgefühl hat, merkt sofort, daß an diesem Satz irgendetwas nicht stimmt.

Worauf bezieht sich das einschränkende „zum Teil“? So wie der Satz dasteht, müßte es sich auf „acht“ beziehen, aber „zum Teil acht“ ergibt keinen Sinn. Auch auf die Verletzten kann es sich nicht beziehen, denn sie sind ja nach der Meldung alle verletzt.

Die Einschränkung bezieht sich natürlich auf das Attribut „schwer“. Verletzt sind alle, aber nur „zum Teil“ sind sie schwer verletzt. Um das logisch und sprachlich richtig auszudrücken, hätte der Satz so lauten müssen:

Auf der K172 in Langen (Kreis Offenbach) passiert an Weihnachten ein Unfall mit acht zum Teil schwer Verletzten.

Jetzt ist die Zuordnung eindeutig. So löblich es also ist, daß der Autor von „Schwerverletzten“ spricht und das Kompositum nicht nach gängiger Dummschreibung auflöst (wie „schwer Verletzte“, „Rad Fahrende“ usw.), so hätte er in diesem Fall eine Ausnahme machen müssen.

Darüber, daß hier das umgangssprachliche „passieren“ statt des schriftsprachlichen „geschehen“ steht, rede ich schon gar nicht mehr.

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2 Antworten zu „Zum Teil acht Schwerverletzte“

  1. Quercus sagt:

    Sehr geehrter Lupulus,
    herzlichen Dank für die vielen Artikel, in denen Sie das Zeitgeschehen mit allen seinen sonderbaren und bisweilen auch besorgniserregenden Erscheinungen kritisch kommentieren.
    Besonders möchte ich Ihnen an dieser Stelle für all jene Artikel danken, in denen Sie den Sprachgebrauch unserer Zeit in den Blick nehmen. Als angehender Deutschlehrer notiere ich mir hin und wieder, wenn es mir lohnenswert erscheint, manchen der von Ihnen besprochenen sprachlichen Unglücksfälle. Es fällt heutzutage freilich leider nicht schwer, sprachlogische Fehler wie den oben von Ihnen vorgestellten zu sammeln, aber erstens finde ich Ihre Analysen stets vortrefflich und zweitens empfinde ich Ihren Schreibstil als sehr angenehm.
    Mit freundlichen Grüßen
    Quercus
    PS: Vor einiger Zeit schrieben Sie, wenn ich mich nicht irre, dass Sie zwar Germanistik studiert, aber nie als Lehrer gearbeitet haben. Darf ich fragen, welchen Beruf Sie stattdessen ausgeübt haben?

    • Lupulus sagt:

      Lieber Quercus,
      ich bedanke mich für Ihre freundlichen Worte! Die deutsche Sprache liegt mir schon seit meiner Jugend am Herzen, aber anders als früher, wo es nur um Anglizismen, Denglisch u.ä. ging, sehe ich sie heute wirklich in akuter Gefahr. Wer einmal die Leserkommentare im Internet verfolgt, wird nicht nur auf fast unerträglichen, maßlosen Haß stoßen, er wird, was mindestens ebenso schlimm ist, kaum noch einen fehlerfreien deutschen Satz entdecken. Wie kommt das? Noch vor ein paar Jahrzehnten haben praktisch alle Schulabgänger (selbst wenn sie nur die „Volksschule“ besucht hatten) die unverzichtbaren Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen beherrscht. Heute trifft man immer öfter auf junge Erwachsene, die im Kopfrechnen schon bei den einfachsten Aufgaben überfordert sind. Die Rechtschreibung, das kann man, glaube ich, mit Fug und Recht feststellen, ist in Deutschland völlig zusammengebrochen, jeder schreibt, wie er will. Die fatale „neue Rechtschreibung“ hat dabei sicher eine Rolle gespielt, auch pädagogische Experimente und absurde didaktische Modelle wie das Schreiben nach Gehör, aber das alles erklärt noch nicht diesen beispiellosen Niedergang. Aber wie gesagt: das sind nur einzelne Faktoren, die selbst in ihrer Summe nicht alles erklären können. Es bleibt ein Rätsel.
      Sie fragen nach meinerm Beruf. Da bin ich in einem Dilemma: andere können das in einem Satz erklären, aber mein Leben ist so verlaufen, daß ich zur Beantwortung dieser einfachen Frage einen Abriß meines ganzen Lebens geben müßte, und das ist natürlich hier nicht möglich.
      Also: noch einmal besten Dank für Ihre aufmunternden Worte, und alles Gute für Sie (auch beruflich) im neuen Jahr!
      Ihr Lupulus.

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