Noch vor ein paar Jahren hätte ich die Frage mit großer Empörung verneint. Heute bin ich mir nicht mehr so sicher.
Es stimmt mich traurig, daß radikale „Aktivisten“ als Wiedergänger der 68er-Bewegung heute dieselben dummen Sprüche klopfen wie damals die linken Studenten, nur daß es diesmal kein rotes, sondern ein grünes Mäntelchen ist, hinter dem sie sich verstecken. Müssen solche Untoten denn immer wieder aus ihren Gräbern steigen?
„Enteignet Springer!“ hat man 1968 gerufen. Heute fordert der Attac-Sprecher Achim Heier:
Die Autoindustrie muß entmachtet werden, sie muss radikal zurückgebaut werden.
Muß sie das? Und wer entscheidet darüber? Die Aktivisten? Woher nehmen sie die Vollmacht, solche Entscheidungen zu treffen? Nein, „Aktivisten“ sind aus gutem Grunde in einer Demokratie nicht vorgesehen, denn sie setzen sich selbst an die Stelle der Wähler und behaupten dreist, daß nur sie den Volkswillen (volonté générale) verkörpern. Zu Aktivisten werden sie, weil sie die Menschen auf demokratischem Wege nicht von ihrem Vorhaben überzeugen können. Deshalb setzen sie eine Spirale der Gewalt in Gang, die schon einmal in brutalen Morden geendet hat.
Das muß nicht wieder so kommen, aber man sollte – auf der linken genau wie auf der rechten Seite – den Anfängen wehren. Die Parallelen sind leider da. „Das Auto“ wird auf einmal zum Feind, gegen den alle Mittel erlaubt sind. Eine Aktivistengruppe, die sich „Sand im Getriebe“ nennt (wie lustig!), will die Internationale Automobilausstellung in Frankfurt verhindern und dabei, wie ihre Vertreterin vor der Presse ankündigte, „die Grenzen des legalen Protestes überschreiten“. Die Klimakrise verlange das von ihnen. Die „hochgradig kriminelle Autoindustrie“ sei anders nicht in die Schranken zu weisen.
Aber so läuft es in einer Demokratie eben nicht. Da kann man die Menschen nicht zu ihrem Glück zwingen – man muß sie überzeugen, man muß für die eigenen Vorstellungen werben und eine Mehrheit gewinnen.
Ein Teil der Anti-Auto-Aktivisten ist schon (wie damals in den 60ern) zur angeblich legitimen „Gewalt gegen Sachen“ übergegangen. In Kronberg haben Aktivisten Dutzende teurer Autos eines Händlers beschädigt und ihren Vandalismus fast mit denselben Worten begründet, wie die RAF in den ersten „Bekennerbriefen“: man habe versucht, „so viele Luxuskarren wie möglich kaputt zu schlagen“ und „diese Dreckschleudern zu entsorgen“. Es sei höchste Zeit, „der kapitalistischen Profitlogik als Ganzes Steine ins Getriebe zu werfen!“ Militanz gegen die „Protzschlitten“ sei notwendig und legitim.
Wie gesagt: wenn man um die 70 ist, hat man das alles schon einmal erlebt, und man wundert sich, daß es uns offenbar nicht gelungen ist, unsere Erfahrungen an die nächsten Generationen weiterzugeben. Dabei wäre es so leicht, aus der Vergangenheit zu lernen.
PS: Das Wort „Ökofaschismus“ halte ich immer noch für abwegig, weil es den echten Faschismus verharmlost. Aber es ist nicht zu leugnen, daß es aus dem linken und grünen Milieu einen immer energischeren Willen gibt, die Menschen zu ihrem Glück zu zwingen, wenn man sie denn nicht überzeugen kann. Der vorgeschriebene Veggie Day war ein noch harmloses Beispiel, demnächst soll ich gezwungen werden, ein Elektroauto zu kaufen, kein Fleisch mehr zu essen, Windkraftanlagen in immer geringerer Entfernung zu meinem Haus hinzunehmen, die Ölheizung und meinen Diesel zu verschrotten, keine Luftballons mehr steigen zu lassen usw. All das ist ökologischer Unfug, das meiste ist bestenfalls wirkungslos, vermutlich aber ökologisch eher schädlich. Weil viele das begriffen haben und sich wehren, wird man mit allen Mitteln versuchen, die Menschen einzuschüchtern: durch Verbote (und das nicht nur von Plastiktüten und Glühbirnen), durch hohe Besteuerung, einen sozialen Pranger – und notfalls auch durch „Gewalt gegen Sachen“, wie es die Aktivisten jetzt vormachen. Gleichzeitig wird die mediale Hysterie geschürt, damit man gar nicht mehr die Ruhe findet, darüber nachzudenken, ob diese ganzen Zwangsmaßnahmen irgendeinen Sinn haben.
Umso wichtiger ist es jetzt für jeden Menschen, sich nicht einschüchtern zu lassen, sondern sich eines kühlen und scharfen Verstandes zu bedienen.