Boris Palmer, der grüne Oberbürgermeister von Tübingen, fühlt sich in Berlin nicht wohl (was ich nachempfinden kann). In einem Interview sagte er (hier nachzulesen):
Wenn ich dort ankomme, denke ich immer: ‚Vorsicht, Sie verlassen den funktionierenden Teil Deutschlands’.
Ich komme mit dieser Mischung aus Kriminalität, Drogenhandel und bitterer Armut auf der Straße als spießbürgerliche baden-württembergische Grünen-Pflanze schlicht nicht klar. Ich will diese Verhältnisse in Tübingen nicht.
Ich möchte sie in meiner Stadt übrigens auch nicht. Die rot-rot-grüne Landesregierung reagiert darauf natürlich mit der gewohnten Berliner Arroganz, hier in den Worten der Wirtschaftssenatorin Ramona Pop:
Lieber Boris Palmer, niemand zwingt dich nach Berlin zu kommen. Wenn Du Metropole, Vielfalt, Tempo und Lebenslust nicht erträgst, kannst Du woanders die Kehrwoche zelebrieren und Dich als Hilfssheriff blamieren.
Liebe Ramona Pop! Da hast Du ja wieder alles zusammengetragen, was Berlin so sexy macht: „Metropole, Vielfalt, Tempo und Lebenslust“. Wie schön, daß ihr euch in Berlin so lustvoll ausleben könnt, es sei euch gegönnt. Ein bißchen schade ist nur, daß du nicht erwähnst, auf wessen Kosten ihr soviel Vielfalt und Lebenslust genießen könnt: nämlich genau auf Kosten jener Länder, wo die Kehrwoche zelebriert und fleißig gearbeitet wird. Im Jahr 2017 hat die deutsche Hauptstadt als „größtes Nehmerland“ im Rahmen des Länderfinanzausgleichs über 4 Milliarden Euro bekommen, dazu noch vom Bund fast 2,1 Milliarden Euro an Bundesergänzungszuweisungen – mit einem solchen Sümmchen kann man leicht sexy daherkommen. Die Geberländer Bayern, Baden-Württemberg (wo Palmer Bürgermeister ist) und Hessen (wo ich lebe) haben übrigens zusammen über 11 Milliarden Euro in den Länderausgleich eingezahlt. Da könnte man doch von der Pleite-Hauptstadt ein bißchen mehr Anstand und Bescheidenheit erwarten, oder?