Er ist nun wirklich nicht mein Lieblingsminister, das kann man nachlesen. Ein glänzender Politiker, darüber werden sich alle einig sein, war er bisher auch nicht. Aber nun spricht er einmal aus, was viele Menschen denken – und schon dreschen alle auf ihn ein.
Er hat, was natürlich sprachlich nicht ganz gelungen ist, von einer „aggressiven Anti-Abschiebe-Industrie“ in Deutschland gesprochen. Wer mit Klagen versuche, die Abschiebung von Kriminellen zu verhindern, arbeite nicht für das Recht auf Asyl, sondern gegen den gesellschaftlichen Frieden.
Das Wort „Industrie“, das eine Gewinnabsicht suggerieren soll, ist vielleicht weniger gelungen, aber jeder weiß doch, was damit gemeint ist. „Flüchtlingsvereine“ und Aktivisten jeder Art scharen sich seit längerem um die Flüchtlinge – und ermuntern sie, bis zur letzten Instanz für ihren Verbleib zu prozessieren. Welches Bild von Polizei und Behörden da in den Gesprächen vermittelt wird, weiß niemand, aber das Resultat kann man immer wieder beobachten: etwa wenn Asylbewerber auf Bäume klettern, sich anketten oder die anrückende Polizei angreifen. Keiner, der aus Angst um sein Leben aus der Heimat geflüchtet und hier in einem sicheren Land angekommen ist, käme von sich aus auf solche Ideen.
Was diese Aktivisten in der Praxis leisten, wird natürlich ideologisch unterfüttert. Von wem, das sieht man allein schon an der Reaktion auf Dobrindt. Vorneweg, wie immer, Katrin Göring-Eckardt. Es sei, sagte sie,
unsäglich, dass Dobrindt das Engagement von Bürgerinitiativen und Anwälten, die sich für eine korrekte und humane Prüfung von Asylansprüchen einsetzten, verleumde, um mit AfD-Parolen in Bayern Wahlkampf zu machen.
Die AfD freilich ist nur deshalb so groß geworden, weil die Grünen von der romantischen Verklärung des Flüchtings als noble savage und als immerwährende Bereicherung nicht wegkommen. Deutschland hat so viele Flüchtlinge aufgenommen wie kein anderes Land in Europa – da sind Belehrungen aus dem „fortschrittlichen“ Milieu völlig überflüssig. Ich bin übrigens auch heute noch der Ansicht, daß Merkels Entscheidung von 2015 richtig, ja unvermeidlich war. Die handwerkliche Bewältigung der Folgen dieser Entscheidung war freilich dilettantisch und ist bis auf den heutigen Tag ein Ärgernis. (Offenbar können wir, obwohl immer noch von den „deutschen Tugenden“ geredet wird, große Aufgaben nicht mehr wie früher bewältigen, man denke nur an einen gewissen Berliner Flughafen).
Und vor allem: die Zahl, also das Verhältnis von Einheimischen und Zuwanderern, spielt in diesem Zusamenhang eine wichtige Rolle. Wenn nämlich ein bestimmter Anteil von Einwanderern an der Gesamtbevölkerung überschritten wird, wenn man sich nicht mehr als Herr im eigenen Haus fühlt, dann ist das allein schon immer eine ernste Bedrohung für den sozialen Frieden. Das ist ganz und gar nicht „Populismus“ oder „Nazi“ oder sonstwas, es ist ein völlig normales, mehr als verständliches Gefühl. Und mehr noch: es ist das gute Recht der Menschen, selbst zu bestimmen, wen sie in ihre Gemeinschaft aufnehmen will.
Die Grenze der Zuwanderung, da bin ich sicher, ist schon erreicht. Jetzt kommt es darauf an, jene, die gar nicht vor dem Krieg geflüchtet sind, sondern sich mit falschen Angaben unter die echten Flüchtlinge gemischt haben, so schnell wie möglich in ihre Heimat zurückzuführen. Daß das erst recht für die Delinquenten unter ihnen gilt, müßte doch eigentlich zum common sense in unserem Land gehören. Für Straftäter darf es keine Duldung geben, und auch sonst sollte man eine solche „Duldung“ (wieder ein sehr merkwürdiges deutsches Konstrukt!) nur in wirklichen Notfällen aussprechen.
Die Flüchtlingsorganisationen, die offenbar bestens mit einem ganzen Pool von Rechtsanwälten zusammenarbeiten, leisten den echten Flüchtlingen einen Bärendienst. Sie sind mit dafür verantwortlich, daß der Unmut in der Bevölkerung wächst. Wenn man die Gewaltbereitschaft vieler junger muslimischer Männer einfach leugnet (und das nach der Kölner Sivesternacht!), dann darf man sich nicht wundern, wenn die Stimmung in der Bevölkerung, die am Anfang so erfreulich positiv war, allmählich kippt.
Also, kurz und knapp: Dobrindt hat recht. Daß Kramp-Karrenbauer ihm verschwurbelt widerspricht, wundert niemanden, sie gehört zum engsten Kreis der Merkel-Fraktion innerhalb der CDU und ist mitverantwortlich dafür, daß viele Menschen, die früher aus innerer Überzeugung die konservative CDU gewählt haben, jetzt aus Verzweiflung über den Wischi-Waschi-Vielfaltskurs der Kanzlerin zur AfD gewechselt sind.
Und der Deutsche Anwaltverein? Er fährt schweres Geschütz auf und beschuldigt Dobrindt allen Ernstes, „den Rechtsstaat auszuhöhlen“. Der Anwaltslobby ist, wie es scheint, vor allem der Begriff „Anti-Abschiebe-Industrie“ ein Dorn im Auge, denn daß die immer mehr anwachsende Flut von Asylverfahren den Anwälten ein erkleckliches Zubrot verschafft, wird man nicht leugnen können. Der Anwaltverein sollte besser nicht so pathetisch über die Aushöhlung des Rechtsstaats lamentieren.