Natürlich hat bei uns jeder Angeklagte das Recht auf einen Anwalt. Und daß ein Anwalt seinen Mandanten so coacht, daß der (innerhalb seiner Möglichkeiten) einen möglichst guten Eindruck hinterläßt, ist völlig legitim, selbst wenn man als Außenstehender oder gar als Opfer damit hadert. Hier gilt, was John McCain, einer der wenigen anständigen Politiker der Republikanischen Partei, seinem Präsidenten zugerufen hat: „The law is the law!“
Eine Merkwürdigkeit ist freilich, warum die Staatsanwaltschaft bei einem so infamen Angriff auf einen völlig arglosen Menschen wieder nur von einer „gefährlichen Körperverletzung“ ausgeht. Die junge Frau hätte sich bei dem völlig unvermuteten Tritt von hinten das Genick brechen oder den Rest des Lebens im Rollstuhl sitzen können. Daß alles relativ glimpflich ausgegangen ist, ist ja nun nicht das Verdienst des Täters. Es war einfach Glück für sein Opfer.
Daß man eine Verurteilung wegen versuchten Mordes nicht in Betracht zieht, obwohl der Tatbestand der Heimtücke hier gegeben ist, kann man noch verstehen. Da wären die Chancen eines Schuldspruchs, so wie unsere Richter heute urteilen, wahrscheinlich gleich null. Aber warum nicht wenigstens einen „versuchten Totschlag“ ins Auge fassen?
Das Haupthindernis wird da wieder einmal der Alkohol- und Drogenkonsum vor der Tat sein, der regelmäßig zugunsten des Angeklagten gewertet wird. Das ist, mit Verlaub, ein Übel, das beseitigt gehört. Daß ein Täter, der sich vor der Tat besäuft oder kifft, mit einer kleineren Strafe davonkommt, wird man einem normalen Menschen nicht begreiflich machen können.
Auch wenn man alle Umstände der Tat und die Befindlichkeit des Täters berücksichtigen muß – das jedenfalls muß man ändern.