Nur keine Wählerbeschimpfung! – sagen unsere Zeitungen. Aber warum eigentlich nicht?

Kürzlich hat die F.A.Z. eine ganze Seite ihres Feuilletons geopfert, um uns, die Europäer, zu beschwören, ja nicht die amerikanischen Trump-Wähler zu beschimpfen. Auch an den folgenden Tagen haben alle Kommentare, auch die auf der ersten Seite, ein ähnliches Ziel verfolgt. Wir sollten gefälligst nicht arrogant und überheblich sein, schließlich sei Trump in freier und geheimer Wahl, also demokratisch makellos, gewählt worden. Basta.

Nun ist es sicher richtig, daß es in fast allen europäischen Ländern ähnliche Wähler gibt wie die in den USA, die sich für den peinlichsten aller Kandidaten entschieden haben. Das Wahlrecht ist nicht automatisch an politische Vernunft oder guten Geschmack gekoppelt. One man, one vote – darauf läuft es letztlich immer hinaus. Die Deutschen haben in den beiden Reichstagswahlen von 1932 (also noch vor Hitlers Machtergreifung!) die NSDAP zur stärksten Fraktion gemacht. Ein Demagoge wie Orbán hat mehr als zwei Drittel der Stimmen bekommen. Ein korrupter Politiker wie Zuma wird immer und immer wieder gewählt.

Die Liste ließe sich beliebig verlängern.

Heißt das aber, daß diese Mehrheiten sakrosankt sind? Heißt es, daß wir Dummheit nicht mehr Dummheit nennen dürfen? Ganz und gar nicht!

Natürlich muß man das Ergebnis einer Wahl, wenn es denn rechtlich einwandfrei zustandegekommen ist, respektieren. Aber den Mund muß ich mir deshalb noch lange nicht verbieten lassen. Wenn die Mehrheit des amerikanischen Volkes einen Windbeutel wie Trump in das wichtigste Amt der Welt wählt, dann habe ich jedes Recht, diese Wähler nach Herzenslust zu beschimpfen. Sie haben mit ihrer Stimmabgabe die Welt an der Rand einer Katastrophe gebracht, sie haben einem Menschen, dessen niedrige Gesinnung aus allen seinen Reden hervorgeht, die Verfügung über ihre Atommacht verschafft. Und so dumme Wähler, die aus primitiven, egoistischen Gründen abgestimmt haben, ohne auch nur einen Moment – wie Patrioten! – ans Gemeinwohl zu denken, sollen vor jeder Kritik beschützt werden?

Es ist in unserer Presse fast schon zum Topos geworden, daß die Eliten an allem schuld sind. Die abgehobenen Eliten haben die einfachen Menschen vernachlässigt, sie haben ihre Sorgen nicht wahrgenommen. Da mußten die ja den Schaumschläger Trump wählen, es ist ihnen gar nichts anderes übriggeblieben!

Was für ein Unsinn. Wenn überhaupt je eine Wählerbeschimpfung angebracht war, dann jetzt. Der Wähler ist doch kein edler Wilder, er ist auch keine heilige Kuh, er ist alles andere als heilig. Der Wähler hat – und zwar in allen Ländern der Welt – schon für alle Arten von Katastrophen gesorgt. Und ja, man darf ihn beschimpfen – genauso, wie er mit seiner Stimmabgabe ein Land ruinieren darf.

Das ist keine Absage an die Demokratie. Wir haben leider noch immer keine bessere Staatsform gefunden. Aber man muß die Dummheit auch nicht heiligen.

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