Erdogan ist ein Stratege. Sein Ziel war es von Anfang an, den laizistischen Staat Atatürks durch einen durch und durch islamischen zu ersetzen. Dieses Ziel hat er Schritt für Schritt durchgesetzt.
In einem islamischen Staat, das zeigt die Erfahrung, ist für „Ungläubige“ kein Platz – für Christen schon gar nicht. Ein Muslim, der zum Christentum übertritt, ist fast in allen islamischen Ländern vogelfrei, auch in der Türkei.
In letzter Zeit häufen sich in der Türkei auch systematische Kirchenschließungen (etwa in Bursa und Diyarbakir) und die Enteignung von Klöstern. Man lese einmal, was Timo Güzelmansur dazu sagt, der die Stelle für christlich-islamischen Dialog bei der Deutschen Bischofskonferenz leitet (hier einzusehen).
Die Priesterausbildung ist seit Jahrzehnten verboten, christliche Kirchen und Gemeinden haben keinen gesicherten Rechtsstatus. Nicht einmal, wenn ein katholischer Priester in der Türkei ermordet wird, wie zum Beispiel Don Andrea Santoro in Trabzon, darf sich die Kirche an dem Prozeß beteiligen. So wie es kritischen Journalisten aus dem Ausland geht, so geht es auch ausländischen Priestern und Ordensleuten: sie bekommen einfach keine Aufenthaltserlaubnis. Und es wird Haß geschürt gegen die Christen, die man als „Spione“ des Westens betrachtet.
Das alles – eine handfeste Christophobie – wird hinter einem süßlichen Wortschwall verborgen. Aber es ist nichts anderes als eine kaum verhüllte Christenverfolgung, wie sie in fast allen islamischen Staaten üblich ist.
Der Islam – könnte man sagen – kann sich nur noch durch das Strafrecht (und bisweilen nur durch den Henker) vor dem Abfall seiner Schäflein schützen.
Das ist nicht gerade ein Zeichen von Selbstbewußtsein, und es wird den Islam, wenn er nicht endlich in der Neuzeit ankommt, auch nicht vor dem Untergang schützen.
PS: Das alles war schon so Monate und Jahre vor dem Putsch, den Erdogan dann dazu mißbraucht hat, aus der schönen Türkei ein einziges, großes Gefängnis zu machen.