Ich habe es schon oft gesagt: die schrankenlose Erweiterung der Europäischen Union, vor allem unter Schröder und Fischer, war einer der schlimmsten Fehler in der Geschichte der EU. Wie um alles in der Welt kann man in ihrer geistigen, wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Entwicklung so disparate Staaten unter einen Hut bringen? Deutschland und Frankreich – und dann Bulgarien, Rumänien und am Ende noch Serbien und die Türkei? Hat jemand allen Ernstes geglaubt, daß der Kern Europas soviel Anziehungskraft ausübt, daß er wie eine Sonne die Planeten einfängt und auf Dauer in geordneten Bahnen kreisen läßt?
Nein, so geht es in der Geschichte nicht zu.
Vor allem: es sind letztlich doch immer Menschen, die Geschichte schreiben.
Ein Polen unter Mazowiecki oder Tusk, ein Tschechien unter Havel, ein Ungarn unter Gyula Horn: das waren europäische Staaten im besten Sinne des Wortes. Von Orban, Kaczynski und Zeman kann man das weiß Gott nicht sagen. Daß sie jetzt zusammen mit der Slowakei eine Ost-EU innerhalb der EU bilden und gar gemeinsame Grenzzäune bauen wollen, ist zwar nicht das Ende der EU, aber das Ende eines sich immer mehr aufblähenden Bündnisses und – das Ende einer Illusion.
Zu einem Bündnis gehören immer auch verantwortungsvolle Politiker, und nicht jeder Wahlsieger ist einer. Ein Wahlsieg (und mag er noch so triumphal sein!) macht aus einem engstirnigen, bösen, neidischen kleinen Mann noch lange keinen Staatsmann – das sieht man gerade in den osteuropäischen EU-Staaten.
Insofern hat auch die Flüchtlingskrise ihr Gutes: man merkt nämlich gerade in einer Krise, mit wem man es zu tun hat. Das betrifft auch die Herren Hollande und Valls, die gerade jedes Kontingent an Flüchtlingen für Frankreich abgelehnt haben. Sie alle (sogar Orbán!) beschwören in ihren Sonntagsreden immer auch das christliche Abendland, aber wenn es darauf ankommt, versagen sie den Notleidenden ihre Hilfe. Umso bedeutender ist auch im Nachhinein, daß die Kanzlerin, der man vor der Flüchtlingskrise ihre christliche Herkunft kaum angemerkt hat, so kraftvoll und entschlossen gehandelt hat. Nach haarsträubenden Fehlern in der Energie- und Europapolitik hat sie eine mutige Entscheidung getroffen, und sie macht keine Abstriche, obwohl ihr diese Hartnäckigkeit vielleicht das Amt kosten wird.
Da stehen ihre europäischen Kollegen, von wenigen Ausnahmen abgesehen, schlecht da. Die Geschichte wird über sie alle ihr gerechtes Urteil fällen, da bin ich sicher.