Wie der neue Feminismus die muslimischen Frauen #ausnahmslos im Stich läßt

Ich stimme mit vielen Ansichten von Alice Schwarzer nicht überein – schon gar nicht mit ihrem Feldzug zur Ausrottung von Pornographie und Prostitution, dem ein ähnliches Schicksal beschieden sein wird wie etwa dem lebensfremden Versuch zur Ausrottung des Alkohols in den Vereinigten Staaten.

Aber eines muß man sagen: verglichen mit der dünnen, schalen ideologischen Brühe, die heute als „Feminismus“ daherkommt, ist Alice Schwarzer (selbst da, wo sie sich verrennt) immer noch ein Riese unter lauter Zwergen (die Zwerge selber würden sich heute wohl lieber als Zwerg_innen bezeichnet sehen).

Man muß, um das zu verstehen, nur einmal das merkwürdige Manifest betrachten, das junge „Feministinnen“ (so nennen sie sich jedenfalls selbst) kürzlich unter großer Beachtung durch die fortschrittliche Öffentlichkeit im Internet publiziert haben. Unter dem hübsch internetmäßigen Hashtag #ausnahmslos und der Überschrift

Gegen sexualisierte Gewalt und Rassismus. Immer. Überall. #ausnahmslos

verkaufen sie dem grünlinken Publikum in einem Rundumschlag alles, was das Herz dieses Publikums begehrt. Die Folge: das gesamte grünlinke Publikum ist begeistert und schließt sich dem Aufruf an. Die Liste der Unterzeichner, die sich auf der oben verlinkten Seite wiederfindet, bildet also nichts anderes als ein fast vollständiges Who’s who der grünlinken Bewegung. Alles, was bei den Grünen Rang und Namen hat (nur Jürgen Trittin fehlt noch – ist er etwa krank?), hat den Aufruf unterzeichnet: von Künast und Roth über Simone Peter bis Göring-Eckardt. Natürlich fehlt auch die Linke nicht (Katja Kipping), dazu kommen illustre Sozialdemokratinnen (Schwesig, Jusos).

Hier nur ein kleiner Ausschnitt, in bunter Mischung:

Bloggerinnen (wie Sand am Meer)
Integrationsbeauftragte
eine „Feministische Ökonomin“
Geschlechterforscherinnen und Geschlechterforscher
Stadtforscherinnen
Netzaktivistinnen
ein Performancekünstler
Medienaktivistinnen
Frauenrechtsaktivistinnen
eine „Aktivistin of Color“ (?)
eine Philosophin (!)
eine „Freidenkerin“
eine Poetin und eine „Multilinguale Poetin“
ein „Mensch“
eine „Politische Sekretärin“ (?)
und sogar eine Köchin.

Wer sich in diesem grünlinken Who’s Who (hier zu bestaunen) noch nicht wiederfindet, sollte sich unbedingt noch eintragen.

Aber jetzt mal im Ernst. Wenn man von den 14 Forderungen des Manifests die Allerwelts-Sätze (bessere Beratungsstellen, strengeres Strafrecht, mehr öffentliche Aufklärungsarbeit usw.) wegläßt, bleibt als wichtigster (und ärgerlichster!) Punkt folgendes übrig:

Das Problem des Sexismus und der sexualisierten Gewalt darf nicht „islamisiert“ und damit pauschal einer Religion und ihren – häufig vermeintlichen – Angehörigen zugeschrieben werden. Damit werden mindestens 5 Millionen Menschen in Deutschland unter Generalverdacht gestellt.

Dieser Grundton durchzieht den ganzen Aufruf: nur nicht aussprechen, daß es eine sexuelle Gewalt gibt, die spezifisch islamisch ist. Im Gegenteil: indem sich der Aufruf #ausnahmslos gegen alle Länder richtet und sexuelle Gewalt nicht islamisiert werden darf, exkulpiert er den Islam (und auch den Koran), der mit seinen archaischen Vorschriften zur Sexualität, mit der eingeforderten Unterwerfung der Frau und dem Gewaltmonopol des Mannes in der Familie zu dem Rückständigsten gehört, was es heute gibt. „Is ja überall so!“ – sagt (einmal flapsig ausgedrückt) der Aufruf, als ob auf der Domplatte, friedlich vereint, Franzosen, Chilenen, Deutsche und Sudanesen auf die Frauen losgegangen seien. Diese Bloggerinnen und Blogger, diese Aktivistinnen und Aktivisten fallen damit den mutigen Männern und Frauen in den islamischen Ländern auch noch in den Rücken, die – viele unter Lebensgefahr! – für den Abbau des islamischen Frauenbilds kämpfen. Daß hier der Feminismus mit dem Kampf gegen den Rassismus verbunden wird, ist eine infame und demagogische Verschleierung der Tatsache, daß nirgendwo die Stellung der Frau so miserabel ist wie in den islamischen Ländern.

Die Frauen in Köln sind nicht von vermeintlichen, auch nicht von häufig vermeintlichen, sondern von ganz realen Muslimen bedrängt worden. Das sagen nicht etwa „Rassisten“, das sagen die Betroffenen selbst und alle, die dabei waren. Mit dem „Rassismus“ wird hier (absichtlich oder aus Dummheit) nur ein Popanz aufgebaut, der am Ende dazu führt, daß der muslimische machismo in seiner Brutalität relativiert und damit verniedlicht wird. Wer einen Verbrecher und das Milieu, aus dem er sich speist, beim Namen nennt, ist kein Rassist, er sagt einfach nur, was ist.

Schon der ARD-Korrespondent Samuel Schirmbeck hat sich in den 90er Jahren darüber gewundert, wie Muslimverbände, Grüne und Linke seine erschütternden Erfahrungen in Algerien und in den anderen Ländern des Maghreb einfach ignoriert haben. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Ich kann die beiden großen Artikel Schirmbecks (der letzte ist hier noch frei einzusehen) nur immer wieder empfehlen.

Nehmen wir nur einmal die Kölner Ereignisse. Kaum ist die Wahrheit darüber ans Licht gekommen, schon meldet sich der Zentralrat der Muslime zu Wort, verurteilt die Übergriffe natürlich (wer tut das nicht?), um dann zu fordern, man solle

auch von den Belästigungen ähnlicher Art am Oktoberfest oder Karneval berichten.

Volker Beck von den Grünen meint:

Ich warne vor einer Instrumentalisierung dieser schlimmen Taten für rassistische Zwecke. Wir haben bei Veranstaltungen von Oktoberfest bis Karneval immer wieder Übergriffe, auch aus anderen Bevölkerungsgruppen.

Auch Katja Kipping lenkt den Blick weg von den Tätern, um die es hier in Köln geht:

Sexismus ist keine Importware aus dem Ausland … Es sind in der Regel eben nicht die Fremden, sondern die Männer, die den Frauen vermeintlich nahestehen, die an ihnen Gewalt verüben … Denn Sexismus ist wahrlich nicht das Alleinstellungsmerkmal einer Religion oder einer bestimmten Kultur. Die Unterdrückung von Frauen ist fester Bestandteil aller Kulturen, auch der westlichen … Wir lassen uns nicht für rassistische Hetze missbrauchen.

Merken Sie etwas? Die ideologischen Reflexe, die schon Schirmbeck im grünlinken Milieu und den Muslimverbänden festgestellt hat, funktionieren auch heute noch wie vor zwei Jahrzehnten.

Für mich ist so eine Haltung einfach nur schäbig.

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