Angela Merkel – Das Interview

Es ist das alte Spiel, man kennt es aus Shakespeares Frühwerk Julius Caesar. Da ist Brutus, selbst an der Ermordung Cäsars beteiligt, der dem Volk ruhig, in nüchternen Worten seine Beweggründe erklärt. Und da ist Mark Anton, der Aufwiegler, der mit dem Aufpeitschen von Gefühlen arbeitet. Brutus und Mark Anton, das sind bis heute die Prototypen des Politikers.

Die Blutsbrüder Orbán und Seehofer, die armseligen Gestalten der heruntergekommenen AfD: das sind Politiker vom Schlage Mark Antons. Sie wiegeln auf, ohne selbst einen Plan zu haben. Sie polarisieren, statt zu einer gemeinsamen Anstrengung aufzurufen. In einer Zeit der Krise wollen sie nur ihr ganz persönliches Süppchen kochen. Sie setzen (vielleicht erfolgreich) auf die Dummheit des Volkes.

Die Kanzlerin, der man gestern eine Stunde lang bei Anne Will zugehört hat, war eher vom Brutus-Typ: ehrlich, nüchtern, vernünftig argumentierend. Bei den Hassern, wie man sie aus dem Internet kennt, beim „Pack“ (Gabriel) kann sie damit nicht punkten. Aber das Pack hat gottlob noch keine Mehrheit in Deutschland, es bläht sich nur auf. Das ist wie bei den Hunden: die kleinen bellen am lautesten.

Die Kanzlerin hat sich eine Stunde lang den (bisweilen vergifteten) Fragen von Anne Will gestellt. Sie hat die Prüfung mit Bravour bestanden – nicht weil sie rhetorisch besonders begabt ist (das ist sie sicher nicht, sie hat ja auch, anders als unser Bundespräsident, nie das Predigen gelernt!), sondern weil sie ehrlich zugegeben hat, daß nicht einmal sie weiß, wie es in der Flüchtlingsfrage weitergeht. Die markig-männlichen Sprüche überläßt sie Seehofer und der AfD.

Ob sie für diese Ehrlichkeit (und für ihr beharrliches Eintreten für ein „freundliches Gesicht“) am Ende belohnt wird, kann niemand sagen. Auch bei uns in der Familie gibt es den tiefen Graben zwischen „Optimisten“ und „Pessimisten“.

Die Zukunft kennt niemand von uns.

Mark Anton, der Hetzer, der Aufwiegler, hat damals übrigens gegen den nüchternen, ehrlichen Brutus gewonnen. Aber die Geschichte muß sich ja nicht wiederholen.

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