Osteuropa, die Flüchtlinge und die Barmherzigkeit

Die Barmherzigkeit ist (wie die Nächstenliebe, aus der sie sich speist) ein zentraler Bestandteil christlichen Handelns (Walter Kardinal Kasper hat vor kurzem ein schönes  Buch darüber geschrieben: „Barmherzigkeit: Grundbegriff des Evangeliums – Schlüssel christlichen Lebens“). Das Christentum ist ja (gottlob!) keine Gesetzesreligion: sie ist nur an eine Person gebunden, und einem Christen ist im Grunde nur eine einzige Pflicht auferlegt, aus der aber alles andere hervorgeht: caritas, Nächstenliebe, Barmherzigkeit.

Im Lauf der Kirchengeschichte haben sich daraus „sieben Werke der Barmherzigkeit“ herausgebildet:

Hungrige speisen
Durstige tränken
Fremde beherbergen
Nackte kleiden
Kranke pflegen
Gefangene besuchen
Tote bestatten.

Eines kann man mit Gewißheit sagen: daß nämlich die vier Herren, die zur Zeit über Polen, Ungarn, Tschechien und die Slowakei herrschen, von dieser Liste offenbar noch nie etwas gehört haben. Von Tschechien und der Slowakei wundert mich das nicht. Aber der feine Herr Orbán trägt ja die „christliche Kultur“ und das „Abendland“  immer wie eine Monstranz vor sich her, und der Herr Duda aus Polen ist der Präsident eines von Grund auf katholischen, geradezu erzkatholischen Landes. Trotzdem wollen die Herren, die sich zur Visegrád-Gruppe zusammengeschlossen haben, weder Hungrige speisen noch Durstige tränken – und Fremde beherbergen schon gar nicht.

Duda behauptet sogar, daß sein Polen schon so voller ukrainischer Flüchtlinge sei („und Tausende würden noch kommen“), daß er beim besten Willen keinem einzigen Syrer mehr Asyl gewähren könne. Inzwischen hat man herausgefunden, daß Polen im gesamten Jahr 2014 gerade einmal 750 Asylbewerber aufgenommen hat – darunter sollen zwei Ukrainer (!) gewesen sein.

Das zeugt schon von einer ganz speziellen polnischen Barmherzigkeit.

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