„Heilpraxisnet“ scheint ganz besonders gute Beziehungen zu Google zu haben. Auch wenn es den größten Stuß schreibt (oder die absurdesten Studien zitiert): Google bringt sie immer auf der ersten Seite seiner Google News.
Im Moment kämpft Heilpraxisnet („Naturheilkunde & Naturheilverfahren Fachportal“) gegen das Jakobs-Kreuzkraut. Diese schöne, aber giftige Pflanze ist, wenn man diesem selbsternannten „Fachportal“ glauben würde, die Killerpflanze schlechthin. Zum zweiten Mal innerhalb einer Woche ruft Heilpraxisnet zur munteren Ausrottung der Pflanze auf (ich habe hier darüber berichtet). Die Begründung liefern irgendwelche „Experten“ oder dubiose Bauernverbände, hin und wieder auch ein halbgebildeter CDU-Abgeordneter. Zahlen und Fakten werden fast nie genannt.
Oscar Klose, der stellvertretende NABU-Landesvorsitzende von Schleswig-Holstein, hat sich einmal die Mühe gemacht, der Sache auf den Grund zu gehen (hier nachzulesen). Und siehe da: der Schaden, den diese „Killerpflanze“ anrichtet, ist gleich null. Nirgendwo hat Klose auch nur ein einziges Weidetier gefunden, das durch das Jakobs-Kreuzkraut zu Tode gekommen ist. Kein Wunder: ein Rind zum Beispiel müßte im Lauf seines Lebens 100 kg vom Jakobs-Kreuzkraut essen, ehe es daran stirbt. Schon daran sieht man, wie absurd die Panikmache um das Kreuzkraut ist.
Aber solche urban legends (oder hier besser: rural legends) leben weiter, auch wenn sie lange widerlegt sind. Eine besonders rabiate Variante, fast schon an der Grenze zur Lächerlichkeit, bieten die Stuttgarter Nachrichten (hier nachzulesen):
Giftiges Kraut tötet Pferde und Rinder
Das Jakobskreuzkraut ist hochgiftig und kann Weidetiere töten. Seit der 1990er-Jahre breitet es sich in Baden-Württemberg unaufhaltsam aus. „Um weitere Folgeschäden zu verhindern, ist Eile geboten“, sind der Vorsitzende des Arbeitskreises Ländlicher Raum und Verbraucherschutz der CDU-Landtagsfraktion, Paul Locherer, und der Landtagsabgeordnete Klaus Burger überzeugt. Deshalb hat die CDU-Landtagsfraktion sich des Themas mit einer parlamentarischen Initiative angenommen. Auch das Plenum des Landtags soll damit befasst werden. „Die Landesregierung muss erheblich mehr für den Schutz vor den Gefahren des Jakobskreuzkrauts tun. Die bisher erfolgten Maßnahmen reichen einfach nicht aus“, so die CDU-Politiker.
Die Ausrottungsaufrufe von Provinzpolitikern ohne botanische Fachkenntnis sind bis jetzt gottlob ins Leere gelaufen. Auch das Ministerium reagiert vernünftig:
Das Ministerium hält die Ausrottung der Pflanze weder für möglich noch aus Naturschutzsicht für wünschenswert.
Muß man eine Giftpflanze ausrotten, weil sie eine Giftpflanze ist? Man muß es nicht, man kann es auch gar nicht. Viele unserer wildwachsenden Kräuter, Sträucher und Bäume sind giftig, um sich gegen Freßfeinde zu schützen. Die Weidetiere haben sich im Lauf der Evolution daran gewöhnt und lassen sie einfach stehen.
Aber so eine besonnene Reaktion ist nicht nach dem Geschmack der Provinzpresse.