Günther Jauch und der Imamdarsteller aus Neukölln – Eine Theaterkritik

Das war wirklich großes Theater!

Abdul Adhim Kamouss, der in der Aufführung in großartiger Manier den Imam gegeben hat, ist sicher eines der großen schauspielerischen Talente der deutschen Theaterszene. Seine sprachliche Intonation (mit der gekonnt hysterischen Schnappatmung) karikierte gestern abend auf wundervolle Weise einen Imam am Rande des Irrsinns, ja: an vielen Stellen konnte man den Eindruck gewinnen, daß Kamouss den Imam nicht nur spielte, sondern tatsächlich ein Imam war – gibt es ein größeres Lob für einen Schauspieler?

Die Zuschauer des Stücks haben denn auch reichlich Beifall gespendet, als Kamouss den Islam (natürlich ironisch) als tolerant, warmherzig und frauenfreundlich beschrieb und so die absurde Diskrepanz zwischen Wort und Wirklichkeit im Islam komödiantisch herausarbeitete. Immer spielte ein Lächeln um den Mund des Imamdarstellers, so als frage er sich: glaubt mir das Publikum wirklich den Schmarrn, den ich da verzapfe? Wie er dann aber wieder – in der Tradition des Rührstücks – schilderte, wie er, der vollständig Verkannte, um jede muslimische Seele kämpfe, damit nur ja keiner auf die schiefe Bahn gerate: das war hohe Schauspielkunst.

Aber wir wollen an dieser Stelle noch eines anderen Schauspielers gedenken: des Jauch-Darstellers nämlich, der in dieser Aufführung Kamouss absolout ebenbürtig war. Hat man das je gesehen, daß einer den allseits beliebten Moderator so perfekt in seiner ganzen Hilflosigkeit, jeder Art von Professionalität entkleidet, fast als ein Häufchen Elend auf die Bühne gebracht hat? Hin und wieder hatte man zwar den Verdacht, daß Jauch selbst den Jauch spielte, aber solche Gedanken verschwanden schnell wieder: so dilletantisch, so hilflos, so völlig unfähig zu echter Moderation wäre der wahre Jauch doch nie gewesen.  

Das Ensemble wurde übrigens vervollständigt durch Heinz Buschkowsky  und Wolfgang Bosbach, die sich selbst spielten. Ihnen zuzuhören war eine Freude.

Also: eine rundherum gelungene Aufführung.

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