Natürlich greift Rußland nach jedem Strohhalm – es ist international isoliert, und das ist kein schönes Gefühl (auch wenn man so tut, als berühre es einen nicht). Daher ist Putins Besuch in China nichts als ein peinliches, leicht durchschaubares Rufen: seht her, die Chinesen wenigstens mögen mich!
Aber ganz so einfach ist es nicht. China steht selbst am Pranger, weil es im Innern eine Parteidiktatur geblieben ist und nach außen, vor allem im ostasiastischen Raum, aber auch in Afrika und anderen Teilen der Welt, seine Interessen mit soviel Aggressivität vertritt, daß es den betroffenen Völkern allmählich reicht.
Bedeutet das jetzt, daß sich Rußland und China gegen den Rest der Welt verbünden und zu einer globalen Gefahr werden könnten? Viele glauben das, aber nichts ist von der Wirklichkeit weiter entfernt. Rußland mag – auf niedrigstem Niveau! – so etwas wie Autarkie anstreben (manches, was Putin in letzter Zeit gesagt hat, deutet darauf hin), aber selbst auf einem Niveau, das noch unter dem der einstigen Sowjetunion liegt, wird das rohstoffreiche, aber wirtschaftlich darniederliegende Rußland auf Geschäftsbeziehungen zum Westen nicht verzichten können. Diese wechselseitige Abhängigkeit in den Zeiten der Globalisierung ist, wenn man so will, auch friedenstiftend – freilich: vor Amokläufen (und Putins ukrainisches Abenteuer ist ein Amoklauf!) schützt auch sie nicht. Aber eines ist zumindest beruhigend: selbst wenn Rußland seine Geschäfte mit China verzehnfacht und endlose Gas- und Öl-Pipelines nach Osten baut: die Idee einer Autarkie ist und bleibt eine Illusion.
Das gilt noch viel mehr für China. Es ist durch seine Wirtschaft so mit der ganzen Welt verflochten, daß selbst eine kleine Einschränkung in der Außenwirtschaft das Land in eine tiefe Krise führen würde. Das weiß China sehr gut. Deshalb wird es für Putin in Peking warme Worte und ein paar Dutzend Abkommen geben – aber mehr nicht.
Wir müssen vor Rußland und China wirklich keine Angst haben – selbst wenn sie näher aneinanderrücken. Der Westen ist wirtschaftlich stark, und er hat etwas, was weder Rußland noch China in absehbarer Zeit haben werden: demokratische Verhältnisse.