In Deutschland tut sich Erstaunliches: manche der Islamverbände rücken tatsächlich von Ministerpräsident Erdogan ab. Das mag für uns Deutsche, gerade angesichts dessen bizarrer Rede vor den Opfern von Soma fast eine Selbstverständlichkeit sein, aber für türkische Verbände kommt das einem starken Erdbeben gleich. Auf gut deutsch heißt das: dieses Verhalten Erdogans war so weit außerhalb jeder Gesittung, jedes Anstands, daß sich selbst brave Islamverbände, die sonst alles verteidigen, was der büyük lider, der große Führer, sagt, diesmal von ihm distanzieren müssen. Und mehr noch: einige von ihnen warnen Erdogan sogar, bei seinem Besuch in Köln am kommenden Samstag die Menschen in Deutschland gegeneinander aufzuhetzen. Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland etwa, Gökay Sofuoglu, sagte:
Ich habe die Hoffnung, daß er nicht weiter polarisiert und uns keinen Scherbenhaufen hinterläßt.
Erdogan, so viel kann man mit Gewißheit sagen, wird diese Warnungen in den Wind schlagen. Die (eigentlich sehr moderaten) Ermahnungen unseres Bundespräsidenten haben ihn schon fuchsteufelswild gemacht, und Überschriften wie in der heutigen Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung („Erdogan nicht willkommen“) lassen ihn sicher noch galliger werden.
Jetzt wollen wir aber endlich zum Zitat des Tages kommen: denn nicht alle Verbände wenden sich gegen Erdogan – er hat auch Anhänger, die ihm treu ergeben sind, come what may. Dazu gehört die „Union Europäisch-Türkischer Demokraten“, die Erdogans AKP nahesteht. Deren Vorsitzender, Süleyman Celik, sagte, als er auf Erdogans Verhalten nach dem Unglück von Soma gefragt wurde:
Dazu kann ich nichts sagen. Ich habe das nicht verfolgt.
Also: wer das nicht zum Zitat des Tages macht, ist selber schuld.