Der russische Ministerpräsident Medwedew hat auf Facebook für „respektvolle Beziehungen“ zur „brüderlichen Ukraine“ plädiert.
Die Ukraine bekommt jetzt freilich zu spüren, wie brüderlich ein großer Bruder mit einem kleinen Bruder umgeht. Das alles zeigt, daß es sich beim Putinschen Regime um nichts anderes handelt als um die planvolle und kaum noch kaschierte Wiedererrichtung der Sowjetunion. Dieses Regime, das sich Putin selbst auf den Leib geschneidert hat, ist bis auf die neue Kostümierung als „Demokratie“ im Grunde wieder das alte – bis in die Sprache hinein. Es ist ein kommunistisches Regime ohne Kommunisten. Die demokratischen Institutionen, die ohnehin nie die wirkliche Macht besaßen, sind unter Putin zu einer bizarren Fassade verkommen, und es ist deshalb nur logisch, daß sie seiner Aggression einstimmig den Segen erteilt haben. Die Oppositionspresse hat Putin weitgehend mundtot gemacht, auch in unseren politischen Sendungen (wie bei Jauch am vergangenen Sonntag) tauchen jetzt immer mehr Journalisten auf, die in Wirklichkeit nur plumpe Parteigänger Putins, also bloße Propagandisten sind – wie man sie zu sowjetischen Zeiten zum Beispiel noch aus Höfers Frühschoppen in Erinnerung hat. Auch das damals übliche Fälschen von Bildern und Dokumenten hat Putin wieder aufgenommen: im Staatsfernsehen läßt er Filme von der Flucht angeblich Hunderttausender von Ukrainern zeigen, die sich – von den „Faschisten“ bedroht – über die Grenze nach Rußland retten. In Wirklichkeit sind es Bilder von der ukrainisch-polnischen Grenze. Also: Potemkinsche (oder besser: Putinsche) Dörfer, wohin man blickt.
Nur im Internet gibt es noch Opposition gegen den zunehmend autokratischen Herrscher, der inzwischen wohl mächtiger ist als es je ein Generalsekretär der KPdSU war.
Auch die Sprache kehrt wieder zu den alten Schablonen zurück. Wer etwas älter ist, wird sich bei dem Wort „brüderliche Ukraine“ mit Schaudern an die Breschnew-Doktrin von der eingeschränkten Souveränität der „sozialistischen Bruderländer“ erinnern.
Man sieht: Putin ist auch ein Wiedergänger des untoten Breschnew. Aber er ist noch gefährlicher. Breschnew war immerhin noch in seine Partei eingebunden, und das „Gleichgewicht des Schreckens“ zwischen Ost und West hat ihm enge Grenzen gesetzt.
Putin aber ist einfach nur Putin – wer sollte ihn an irgendeinem Verbrechen gegen das Völkerrecht hindern? Die Jasager und Hofschranzen? Die Marionetten in der Duma? Und wenn gar nichts mehr hilft, hat er ja immer noch die Schlägerbanden und Spezialtruppen, die mit jeder Opposition kurzen Prozeß machen. Notfalls karrt man den bezahlten Mob (wie vor ein paar Tagen) über die Grenze nach Donezk und Charkow, wo dann die Tragikomödie „Ich bin ein von den Faschisten bedrohter Russe – holt mich hier raus!“ gegeben wird.