Daß Politiker nicht immer die Wahrheit sagen, ist bekannt. Daß aber der Führer einer Großmacht die ganze Welt so dreist anlügt, daß sich die Balken biegen, das hat schon eine neue Qualität.
Putin hat in den letzten Tagen alle Schaltstellen auf der Krim unter seine persönliche Kontrolle gebracht – mit Kampftruppen in neutralen Uniformen, um die Welt über seine wahren Absichten im unklaren zu lassen. Und heute, nachdem die Intervention schon stattgefunden hat, schlägt er (das muß man sich auf der Zunge zergehen lassen!) „dem russischen Parlament einen Militäreinsatz auf der Krim vor“. Diesen Haufen aus seinen Parteigängern, aus Profiteuren und Hofschranzen, die vor ihm kriechen und ihm jeden Wunsch von den Lippen ablesen, nennt er tatsächlich Parlament.
Bist ein ganz schöner Heuchler, Wladimir Wladimirowitsch! Rufst alle zum Deeskalieren auf, während deine Truppen schon im Nachbarland stehen und die Krim vom Rest der Welt abschneiden. Dann telefonierst du mit den europäischen Regierungen und gibst im Gespräch den verantwortungsvollen Staatsmann. So weit reicht nämlich deine Bauernschläue schon: von der EU, das weiß du, hast du nichts zu befürchten. Da herrscht noch immer der Schrödersche Geist. Nur nicht das große und mächtige Rußland verärgern! Wenn überhaupt Kritik, dann nur in homöopathischen Dosen!
Aber jetzt muß ich dich doch etwas fragen: wie, glaubst du, wird es mit der Ukraine weitergehen? Du hast ja gerade mal das Halbinselchen im Süden von den Banditen und Terroristen gesäubert – aber was ist mit dem Rest? Den dummen Bäuerchen auf der Krim kannst du weismachen, daß du ihr Retter und Beschützer bist, aber die Menschen in Kiew und Lwow haben gerade einen Blutsauger aus dem Land geworfen, und sie wollen den partout nicht gegen einen Autokraten noch schlimmeren Kalibers eintauschen. Mach dir also nicht zuviel Hoffnung, Wladimir Wladimirowitsch.
Übrigens empfehle ich dir zur Stabilisierung der Krim die guten alten Methoden der Sowjetunion, die du ja mit der Muttermilch aufgesaugt hast: erst einmal ethnisch säubern, mit Stumpf und Stiel, also weg mit den Tataren – am besten wieder nach Zentralasien (vielleicht sind ja noch ein paar der Güterwaggons einsatzfähig, in denen der Genosse Stalin damals die Krimtataren nach Zentralasien verfrachtet hat), und die Ukrainer, die sollen gefälligst beim Banditenregime von Kiew Schutz suchen. Dann wäre die Krim schon einmal tataren- und ukrainerfrei. Wär doch eine feine Sache, nicht wahr, Wladimir Wladimirowitsch?
Und der Rest der Ukraine – na, den zwingen wir am besten wirtschaftlich in die Knie. Gazprom hat ja die Daumenschrauben schon angesetzt. Und wenn es dann in der Banditenrepublik keinen Strom und kein Gas mehr gibt, dann wird man reumütig zum Janukowitsch zurückkehren.
So stellst du dir das jedenfalls vor.
Übrigens ist mir gerade ein schönes deutsches Sprichwort eingefallen, das auf dich wie zugeschnitten ist:
Ist der Ruf erst ruiniert,
Lebt sich’s gänzlich ungeniert.