Stirnrunz, Püppi, Lover und ein Irrer – „Tatort“-Kommissare aus Dortmund

Es waren einmal vier arme Seelen, denen hatte man einen üblen Streich gespielt. Sie lebten nämlich seit unvordenklichen Zeiten schon still und zufrieden im Zwischenreich der ungeborenen Charaktere, bis – ja, bis ein Schreiberling kam und sie mit brutaler Gewalt ans Licht des Tages zerrte. Aber es sollte sich bald noch Schlimmeres ereignen: der Schreiberling nämlich, ein böser, böser Mann, sperrte sie zusammen in ein Kommissariat ein, legte ihnen (wechselweise) coole Sprüche und reichlich irres Zeug in den Mund und machte so aus ihnen einen Lifestyle-„Tatort“ des 21. Jahrhunderts.

Da begab es sich aber, daß ein Stern-Redakteur diesen „Tatort“ (und zwar in der hauseigenen Rechtschreibung) den besten „seit Langem“ nannte. Das freilich gehört zu jenen sonderbaren Dingen, die mit dem gesunden Menschenverstande nicht mehr zu ergründen sind.

Und auch die armen Seelen, die nun wohl lange, lange Zeit in ihr Lifestyle-Kommissariat („ganz schön irre, diese Kommissare!“) eingepfercht bleiben, sind sonderbar genug.

Da ist zunächst einmal die Hauptkommissarin Stirnrunz. Wie der Name schon sagt, läuft sie neunzig Minuten lang mit gerunzelter Stirn und ausgesprochen schlechter Laune durch den Film. Kein leichtes Los!

Oberkommissarin Püppi ist das genaue Gegenteil von ihr: trotz ihres dezenten Migrationshintergrunds (türkische Hochzeit!) ist sie immer guter Laune und auch sexuell ausgesprochen aktiv. Darüber freut sich besonders ihr Kollege, Oberkommissar Lover.

Jetzt bleibt noch der Irre. Das Drehbuch nennt ihn lustigerweise „Hauptkommissar Faber“, aber der Zuschauer weiß es bald besser. Schwankt man zunächst noch, ob es sich hier um einen Obdachlosen handelt, der auf der Suche nach einem warmen Winterquartier ist, oder doch eher um einen geistig gestörten Menschen, so merkt man bald: das letztere trifft zu. Der Irre hat eine große Freude daran, mit seiner Kollegin Vergewaltigungen nachzuspielen, und ist auch sonst nicht ganz dicht. Man fiebert, spätestens als er das Waschbecken aus der Wand reißt, dem Moment entgegen, in dem endlich sein Wärter kommt und ihn wieder in die Anstalt zurückbringt.

Es ist ein „Tatort“, dem der Focus (auch er in seiner häuslichen Rechtschreibung!) „Potenzial“ bescheinigt. In Wirklichkeit haben wir es hier bei Stirnrunz, bei Püppi und ihrem Lover und erst recht beim Irren von Dortmund mit albernen Kunstfiguren zu tun, die berechnend auf ihr Publikum zugeschnitten sind. An diesem Drehbuch ist alles gewollt und gekünstelt, auch Leid und Schmerz haben hier etwas Hohles, konstruiert Lächerliches.

Natürlich dürfen solche Kunstfiguren sein, aber dann müssen sie auch (wie im Münster-„Tatort“ oder im „Wilsberg“) Esprit, echtes Lokalkolorit oder doch (wenigstens ein bißchen!) menschliche Tiefe haben.

Nur hohl, nur albern, nur künstlich – das geht gar nicht.

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