Jetzt, wo es darum geht, gegen den mörderischen Krieg des Assad-Regimes und seinen Giftgaseinsatz gegen das eigene Volk wenigstens ein kleines Zeichen zu setzen, entdecken die Europäer der linken und grünen Couleur wieder einmal ihren Pazifismus. Das ist nicht neu, aber es ist billig – und zwar in jeder Hinsicht: billig, weil es kein Geld kostet, und erst recht billig in seiner moralischen und politischen Schlichtheit.
Das halbe syrische Volk (darunter mehr als eine Million Kinder) ist auf der Flucht und schreit um Hilfe, und was tut der Kanzlerkandidat der SPD? Man will es nicht glauben: er legt einen Sechs-Punkte-Plan vor!
Ein Diktator, der sein eigenes Land in Schutt und Asche legt, wird da natürlich sofort klein beigeben und die Waffen schweigen lassen. Und er wird die Verhandlungsphasen, die ihm Peer Steinbrück vorgeschrieben hat, genauestens einhalten.
Es gibt zwei Arten von Pazifismus. Der eine entspringt einer tiefen inneren Überzeugung und ist aller Ehren wert. Der andere ist Teil eines eher dürftigen ideologischen Dogmatismus, eines sehr deutschen übrigens. Nehmen wir nur einmal meinen besonderen Freund Ströbele, der die linken Strömungen (nicht nur bei den Grünen) geradezu idealtypisch vertritt. Während er den Giftgasangriff relativiert („muß genau geprüft werden“, „bin sehr mißtrauisch“), spricht er, ohne auch nur einen Moment zu zögern, von einem geplanten „Angriffskrieg“ (!) der USA. Das Wort „Krieg“ kommt in seinen aktuellen Stellungnahmen ständig vor, aber er bezieht es nicht auf den realen Krieg des Assad-Regimes gegen das eigene Volk, sondern auf den geplanten „Krieg“ der USA gegen Syrien.
Noch schöner ist die Idee, daß man sich zusammen mit den Vertretern Syriens, Rußlands und des Iran an einen runden Tisch setzt und dann bei einer Tasse Tee das Syrienproblem löst.
Soviel Blauäugigkeit ist nur möglich, wenn man aller Realität entsagt und im Wolkenkuckucksheim der eigenen Ideologie lebt.