Na bravo – Rot-Grün schafft das Sitzenbleiben ab!

Ich habe es vorausgesagt: überall da, wo sich in den Ländern rot-grüne Kabinette bilden, fängt der schulpolitische Rückschritt in die völlig desavouierte Schulpolitik der 60er und 70er Jahre an.

Das neueste Beispiel: kein Kind soll mehr sitzenbleiben. So hat es die neue rot-grüne Koalition in Niedersachsen beschlossen. Und zwar wolle man das Sitzenbleiben „durch individuelle Förderung überflüssig machen“. Ach, wunderbare Welt der Pädagogik! Da sollen also Lehrer, die eh schon angesichts der großen Klassen ihr Pensum kaum bewältigen, auch noch weniger begabte Schüler „individuell fördern“. Ja, als das Wünschen noch geholfen hat, da wäre das vielleicht möglich gewesen, aber hier und heute?

Erinnern Sie sich übrigens an Ties Rabe? Der Hamburger Schulsenator (SPD) erregt mit revolutionären pädagogischen Vorstößen immer wieder die Aufmerksamkeit von Lehrern, Schülern und Eltern. Zuletzt hatte er die Hamburger Grundschulen ermächtigt, die Schreibschrift abzuschaffen. Wozu braucht man die auch – Druckschrift genügt! In die Debatte um das Sitzenbleiben hat er natürlich sofort eingegriffen:

Sitzenbleiben verschwendet Lern- und Lebenszeit – es ist längst nicht mehr zeitgemäß.

Man kann sich nur wundern (das nur nebenbei), was heutzutage alles nicht mehr zeitgemäß ist: die Religion, der liebe Gott, ein höflicher Umgang mit dem Mitmenschen, Heterosexualität, das Pauken in der Schule, die traditionelle Familie, eine ordentliche Rechtschreibung – und jetzt auch noch das Sitzenbleiben.

Natürlich möchte niemand – damit ich nicht falsch verstanden werde – die Lernmethoden der wilhelminischen Zeit wieder einführen. Aber gründliches Lernen ist doch immer mit Anstrengung, Mühe und Ausdauer verbunden. Wer es Schülern immer nur leicht macht, wer sie gewähren läßt, wenn sie sich zum Beispiel das Material für Hausarbeiten aus dem Internet zusammenklauen (also von Anfang an guttenbergen), der macht es ihnen in Wahrheit nicht leicht, sondern schwer. Der Realitätsschock wird bloß in die nachschulische Zeit verschoben. Das harte Arbeiten – und Lernen ist hartes Arbeiten! – kann man gar nicht früh genug lernen. Dann wird es nämlich im Lauf der Zeit immer leichter.

Aber da kann mit Engelszungen reden, das ist (wie man hier im Hessischen sagt) „dem Ochsen ins Horn gepetzt“, weil auch die Bildungspolitik sich nicht vor der Vernunft verantworten muß. Also werden sie, kaum an der Macht, schon aus ideologischen Gründen alles umstülpen, und damit sind sie um kein Deut besser als die Manager von heute, die erst einmal alles ändern – auch wenn es seit vielen Jahren bewährt ist. Jeder, der sich an die bildungspolitischen Maßnahmen der 60er und 70er Jahre erinnert (an die praktischen Maßnahmen, nicht die pädagogischen Höhenflüge ihrer Theoretiker!), denkt mit Schrecken an sie zurück – aber die Traumatisierung ganzer Schülergenerationen mit didaktischem und pädagogischem Pfusch ist offenbar durch eine kollektive Amnesie in Vergessenheit geraten.

Mit Rot-Grün – so scheint es – fängt jetzt alles wieder von vorne an.

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