Haben Sie gestern den Presseclub gesehen? Ich habe ihn nur ein paar Minuten ertragen. Das hämische Gelächter der Journalisten über das Betreuungsgeld war mir unerträglich. Ein einziger in der Runde hatte zu Anfang fast schüchtern angedeutet, daß heute nicht mehr Frauen, die einen Arbeitsplatz haben, verunglimpft und diskrimiert werden, sondern Frauen, die die Frechheit besitzen, ihre eigenen Kinder in ihrer eigenen Wohnung zu erziehen – und schon ertönte hämisches Gelächter aus allen übrigen Journalistenmündern.
So weit ist es also schon, daß man sich dafür entschuldigen muß, wenn man seine Kinder selbst erziehen möchte. Man verschweigt es lieber, sonst wird man mit mitleidigen oder gehässigen Bemerkungen überschüttet.
Sie wollen Ihre Kinder wirklich selbst erziehen? So richtig traditionell, in Ihrer eigenen Wohnung? Ja, in welchem Jahrhundert leben Sie denn, daß Sie auf so eine Idee kommen? Noch dazu, wo wir doch so wunderbare Krippen haben, mit wunderbaren Erzieherinnen und Erziehern, die das alles viel besser können! Und dann wollen Sie also auch noch eine Herdprämie dafür bekommen – pfui, pfui!
Ach, es gibt so viele Studien über fast alles – mich würde einmal interessieren, welchen Kindern es am Ende besser geht, wenn sie erwachsen geworden sind – den Krippenkindern oder denen, die in den ersten Jahren von Vater oder Mutter betreut worden sind. Das könnte man in einer Langzeitstudie doch einmal untersuchen. Meine Frage ist angesichts der alles beherrschenden links-grün-feministischen Ideologie in dieser Auseinandersetzung: bringt es den Müttern eine größere Befriedigung, wenn sie bei Lidl an der Kasse sitzen oder für Billiglöhne putzen – oder wenn man ihnen die Möglichkeit gibt, ihr eigenes Kind zuhause zu betreuen? Die Antwort möge sich jeder selbst geben.
An dieser Stelle muß man – leider – die Generalsekretärin der SPD, Andrea Nahles, ins Spiel bringen. Sie ist selbst Mutter eines einjährigen Kindes, aber – so liest man in der Wikipedia: „Acht Wochen nach der Geburt des Kindes nahm sie ihre Tätigkeiten wieder auf.“ Das ist natürlich ihr gutes Recht, aber es ist auch das gute Recht einer Frau, sich für die häusliche Erziehung zu entscheiden, ohne daß sich über sie das Hohngelächter aller fortschrittlichen und „modernen“ Frauen ergießt.
In die Gründung und Ausstattung (und in den laufenden Betrieb) von Krippen, Kitas und Horten haben wir in den letzten Jahren und Jahrzehnten in großem Umfang Steuergelder gesteckt. Wir haben sogar den Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz in das Gesetz aufgenommen. Die Unterbringung von Kindern in „Einrichtungen“ ist also vom Staat finanziell massiv und einseitig gefördert worden. Jetzt wäre es doch nur recht und billig, schon aus Gründen der Gerechtigkeit, daß Eltern, die ihre Kinder daheim erziehen, dafür einen Ausgleich erhalten, denn eine Wahlfreiheit, die nur auf dem Papier steht, ist ja nun wirklich keine Wahlfreiheit. Und genau das ist der Punkt: wenn eine junge Familie von einem einzigen Gehalt überhaupt nicht mehr leben kann (und das ist heute die Regel), dann gibt es wirkliche Wahlfreiheit nur, wenn der Staat lenkend eingreift und jene Familien finanziell unterstützt, die ihm nicht zur Last fallen, die also auf die mit gewaltigen finanziellen Mitteln unterstützten Betreuungseinrichtungen verzichten.
Jeder weiß, daß die Wirklichkeit anders aussieht. Zu dem finanziellen kommt nämlich ein gesellschaftlicher Druck, dem viele erliegen. Da wird in infamer Weise ein Popanz aufgebaut: man wolle die Uhr zurückdrehen und die Frauen wieder an den Herd zwingen („Herdprämie“), die Adenauerzeit kehre zurück, die Emanzipation der Frau solle rückgängig gemacht werden usw. Auch im Presseclub ist gleich am Anfang das Wort von den „50er Jahren“ gefallen.
Jetzt kann man natürlich niemanden zwingen, von seinem Verstand Gebrauch zu machen, bevor er redet oder schreibt. Wenn aber jetzt Andrea Nahles, die SPD-Generalsekretärin, das Betreuungsgeld (hier nachzulesen) vor das Bundesverfassungsgericht bringen will, weil es – so wörtlich! – die Wahlfreiheit der Familien einschränke, dann grenzt das nicht mehr an Volksverdummung.
Es ist Volksverdummung.