Heidi, Seal und Dschungelcamp

Diese Überschrift findet sich heute auf der Internetseite der Welt (hier nachzulesen, wenn es denn unbedingt sein muß):

Die Welt wartet auf ein Dementi von Heidi und Seal.

Wer wartet eigentlich auf dieses Dementi? Die Welt oder – die Welt? Ich jedenfalls, das steht fest, warte nicht auf das Dementi. Heidi und Seal sind mir schnurzegal, die eine wie der andere. Da sind mir „das Heidi“ und „der Ziegen-Peter“ von Johanna Spyri wirklich viel lieber.

Nein, ich warte eher darauf, daß die seriösen Zeitungen endlich damit aufhören, ihre wertvollen Seiten dem Boulevard und dem trash zu öffnen. Muß sich denn jedes Blatt der geistigen Verfassung von RTL2 & Co. annähern? Will man da seine neuen Abonnenten finden?

Nehmen wir nur einmal das unsägliche und in jedem Sinne des Wortes prekäre „Dschungelcamp“ und hören wir, was der Stern darüber so alles schreibt. Zum Beispiel das hier, nach der Abwahl von Ramona Leiß:

Unter dramaturgischen Gesichtspunkten ist ihr Auszug natürlich ein Verlust – war sie doch eine zuverlässig tickende Zeitbombe am Lagerfeuer der zerbrochenen Eitelkeiten. Doch wer weiß: Vielleicht gibt es ja nun den großen Harmonieschub, und die ganzen Renegades würden auf einmal doch bleiben wollen.

Wie kann ein Mensch, der so schlecht schreibt, Journalist werden? Und wie kann ein Magazin wie der Stern so etwas drucken? Es geht nämlich immer so weiter, bierernst und ohne eine Spur von Ironie.

Noch ein Zitat gefällig? Bitte, hier ist es:

Lange galt Martin Kesici als einer der Schwachpunkte im Dschungelcamp 2012. Zumeist hing er träge in seiner Matte, popelte in der Nase oder furzte – und formte immer wieder die Hände zum Teufelsgruß. Das brachte ihm vonseiten der spottenden Moderatoren schnell den Spitznamen Vier-Finger-Faultier ein.

Das sollte reichen, um das Niveau der Stern-Berichterstattung zu beschreiben. Beim Focus: dieselbe völlig unverständliche Anbiederung ans Prekariat.

Daß es auch anders geht, daß man über alle Niederungen der Prominenz mit funkelndem Witz und mit Humor schreiben kann, hat übrigens viele Jahre lang Peter Lückemeier mit seinen „Herzblatt-Geschichten“ in der F.A.Z. (zuletzt in der Sonntagszeitung) bewiesen.

Aber dazu braucht man etwas, was heute immer seltener wird – journalistisches Format.

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