Sein Name ist Niebel, Dirk Niebel. Er gehört der FDP an und ist Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Was ihn für dieses Amt qualifiziert, habe ich noch nicht herausgefunden. Acht Jahre war er Soldat auf Zeit. Nach einem Studium des Verwaltungswesens arbeitete er als Arbeitsvermittler beim Arbeitsamt. Das ist für die FDP in ihrem heutigen Zustand genug Qualifikation, um einen Mann zum Minister zu machen.
Aber was hat das mit der Ölpalme zu tun?
Im südöstlichen Nicaragua befindet sich ein wertvolles Biosphärenreservat: Indio Maíz. Es ist, wie man auf den Seiten der Organisation Rettet den Regenwald nachlesen kann,
das zweitgrößte Regenwaldschutzgebiet des Landes. Im Reservat leben 70-80 Prozent aller Tierarten des zentralamerikanischen Staates, ein Fünftel davon sind bedrohte Spezies.
Hier leben auch Kleinbauern, die von einer einheimischen Nichtregierungsorganisation im ökologischen Landbau geschult wurden und dadurch ihr kleines Auskommen hatten. Die Kosten dafür wurden zum Teil von der deutschen GIZ übernommen. Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), das muß man wissen, ist ein Zusammenschluß von drei Organisationen unter der Federführung von Dirk Niebel: der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), des Deutschen Entwicklungsdienstes (DED) und der Weiterbildungsgesellschaft InWEnt. Sie förderten also die Bauernkooperativen und ihren den Boden schonenden Landbau. So weit, so gut.
Aber die Bauern und das Biosphärenreservat haben einen Nachbarn: einen der mächtigsten Unternehmer des Landes, Ramiro Ortiz, und der weiß, daß es heutzutage – vor allem dank der grünen Bewegung in den reichen Ländern – eine wahre Goldgrube gibt: den Anbau von Ölpalmen für die Gewinnung von „Biosprit“.
Aber ein Reicher kann ja nie reich genug sein, und deshalb ist auch seine Plantage nie groß genug. Also redet Ortiz so lange auf die Bauern ein, bis sie ihm ihr Land verkaufen. Inzwischen möchten sie fast alle wieder zurück, denn von dem Lohn, den ihnen der Plantagenbesitzer zahlt, können sie kaum leben. Aber dafür ist es zu spät.
Doch die Pointe kommt erst noch, denn:
auf diesem Land soll die Plantage jetzt erweitert werden – mit 5,4 Millionen Euro der staatlichen Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG), einer Tochter der Kreditanstalt für Wiederaufbau.
Der Entwicklungsminister finanziert also die ökologische Fortbildung der Kleinbauern und gleichzeitig den Großgrundbesitzer, der den Bauern den Garaus macht! Das ist doch einmal eine ausgewogene und intelligente Politik.
Palmöl-Plantagen, das weiß man, können nur mit viel Wasser und mit viel Gift am Leben gehalten werden. Erste Anzeichen für eine Verseuchung des Bodens soll es in Nicaragua schon jetzt geben. Trotzdem kommen die deutsche Consultingfirma Unique und Dirk Niebel als verantwortlicher Minister zu dem Schluß, es handle sich bei diesen Monokulturen um eine „intelligente Landnutzung“.
Wer nach Jahrzehnten ökologischer Forschung, die doch für jeden verfügbar ist, so etwas sagt und die riesigen Monokulturen, die inzwischen in vielen Ländern der Dritten Welt (und auch in den Schwellenländern) von Horizont zu Horizont reichen, wer diese Monokulturen allen Ernstes als „intelligent“ bezeichnet, sollte sich schon einmal fragen, wie es um seine eigene Intelligenz, zumindest aber um seine fachliche Belesenheit, bestellt ist. Vielleicht sind hier aber auch wirtschaftliche Interessen im Spiel – wer weiß? Selbst die in solchen Dingen sehr zurückhaltende, manchmal übervorsichtige Wikipedia berichtet von Kritikern, die Niebel vorwerfen,
nicht im Sinne der Entwicklung der „Dritte Welt“-Länder zu agieren, sondern im Sinne deutscher Wirtschaftsunternehmen.
Die weltweite Vernichtung immer größerer Naturflächen, sogar wertvollster Regenwälder, zugunsten von „Biosprit“-Plantagen wird in diesem Jahrhundert, wenn es nicht gelingt, den Prozeß zu stoppen, zu einer ökologischen Katastrophe von unvorstellbaren Ausmaßen führen – von der Verteuerung der Grundnahrungsmittel und den daraus resultierenden Verteilungskämpfen ganz zu schweigen.
Kann man noch etwas dagegen tun? Vielleicht ist es schon zu spät, denn die Gewinnspannen für den “ Biosprit“ sind so groß und die demokratischen Kontrollmechanismen in der Dritten Welt so schwach, daß der Raubbau kaum noch zu bremsen ist – im Gegenteil: er beschleunigt sich noch.
Aber etwas können wir schon tun: zum Beispiel eine Partei nicht mehr wählen (und zwar unter keinen Umständen!), die einen Dirk Niebel zum Minister macht. Das ist doch ein kleiner Anfang.
Und dann natürlich: um Himmels willen (oder besser: um unserer guten alten Erde willen) keinen Biosprit tanken!