„Wie geil ist das denn?“

Tobias Kämmerer, TV-Moderator beim Hessischen Rundfunk, ist ein Mann mittleren Alters (Jahrgang 1975). Daß er sich selbst ständig „Tobi“ nennt (und von seinen Gesprächspartnern auch so angesprochen wird), führt schon in das Thema ein, um das wir uns diesmal kümmern werden.

Tobi ist 45, aber wenn er mit Menschen redet, spricht er gern wie ein Jugendlicher in der Pubertät. In seiner Sendung „Tobis Städtetrip“ reist er durch die hessische Provinz und zeigt „Interessantes“. Am liebsten klettert er auf Türme, oder er steigt in alte Kellergewölbe hinab. Er redet in seiner Sendung eigentlich ununterbrochen, mit Verkäuferinnen, mit Stadtführern, auch mit seinem Kameramann. Und er redet immer gleich, egal, ob er einen Ladenbesitzer, einen Archäologen oder einen Pfarrer vor sich hat. Das Kumpelhafte und Lockere gehört zur Marke „Tobi“. Jeder wird geduzt, und fast alles, was ihm begegnet findet er „geil“. Das ist übrigens eines seiner Lieblingswörter, in der letzten Sendung ist es in 45 Minuten zehn oder elf Mal gefallen.

Damit wir uns richtig verstehen: Kämmerer ist ein sympathischer Mensch, und vor allem: er geht mit seinen Gesprächspartnern immer freundlich um. Es geht hier nur um das merkwürdige Phänomen, daß viele Erwachsene mit 30 immer noch so reden wie mit 15. Auch der Wortschatz scheint sich bei vielen mit den Jahren kaum erweitert zu haben – egal, ob mit oder ohne Abitur, ob mit Migrationshintergrund oder ohne. Auch das Duzen von völlig Fremden ist heuzutage ubiquitär geworden. Es war früher immer ein Zeichen von besonderer Vertrautheit oder von Zugehörigkeit zu einer bestimmten Altersgruppe oder einem besonderen Milieu (Studenten, Showgeschäft). Heute muß ich mich ungefragt von Boulevardjournalisten, Werbefiguren und „Youtubern“ duzen lassen, obwohl ich mit ihnen nichts zu schaffen habe. Was einmal besondere Nähe und Freundschaft ausgedrückt hat (man hat jemandem das Du angeboten!), ist zu billiger Münze geworden.

Es ist in der Sprache wie in vielen Sparten unseres Alltags: es findet eine Einebnung auf unterem Niveau statt. Für feine Unterschiede ist kein Platz mehr.

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