Heidi Klum beschämt die Frauen

Janna Specken veröffentlichte vor einigen Tagen auf t-online.de einen Artikel mit folgender Überschrift (hier nachzulesen):

Wie Heidi Klum junge Frauen beschämt.

Kommt Ihnen diese Formulierung auch merkwürdig vor? Aber worum geht es in diesem Artikel?

Eigentlich nur um das, was jeder vernünftige Menschen vom „Model“-Unwesen hält. Heidi Klum habe seit 15 Jahren nichts dazugelernt, schreibt Frau Specken, die jungen Frauen seien nur eine schöne, aber leere Hülle:

Von Heidi Klum findet man selten Aussagen über die Klimakrise, Rassismus, Feminismus, Umweltschutz, US-Politik oder andere Weltthemen.

Das ist ja nun alles wirklich keine Überraschung – und wir wissen immer noch nicht, wodurch Heidi Klum die jungen Frauen beschämt.

Die Bedeutung des Verbs „beschämen“ ist nicht ganz einfach zu beschreiben. Am besten versteht man das Wort, wenn man ein paar Beispielsätze liest. Auf der Duden-Seite etwa findet man die folgende Umschreibung:

Den anderen durch die eigene Hilfsbereitschaft beschämen.

Jemand, der einen anderen Menschen beschämt, ist – stark vereinfacht gesprochen – immer der Gute, der andere, der beschämt wird, eher nicht. Er hat sich falsch oder ungeschickt verhalten, hat etwas Falsches oder Böses getan oder gesagt. Aber der Mensch, der ihn beschämt, zahlt eben nicht mit gleicher Münze heim, er „beschämt“ den anderen, indem er Böses mit Freundlichkeit beantwortet.

Was soll man in diesem Lichte über die Artikelüberschrift sagen? Nur eines: daß sie völlig falsch, ja ohne jeden Sinn ist und mit dem Inhalt des Artikels nichts zu tun hat.

Janna Specken hat, wie sie selbst schreibt, einen Master in Germanistik absolviert. Wir wollen zu ihren Gunsten annehmen, daß die Überschrift nicht von ihr, sondern von einem sprachlich weniger begabten Redakteur stammt.

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1 Antwort zu Heidi Klum beschämt die Frauen

  1. Quercus sagt:

    Lieber Lupulus,
    aus eigener Erfahrung halte ich es leider für eher unwahrscheinlich, dass das heutige Germanistik-Studium zu einer Verbesserung des Sprachvermögens beiträgt. Es gibt natürlich Studenten, die sich dennoch einigermaßen respektabel ausdrücken können, aber das ist meines Erachtens nicht der Regelfall und ggf. eher nicht auf das Studium zurückzuführen. Fragen der sprachlichen Richtigkeit und der Sicherheit des Ausdrucks sind – von Fragen des Sprachstils ganz zu schweigen – nicht Gegenstand des Studiums, wie denn überhaupt jegliches Beharren auf sprachlichen Normen häufig als „Rückwärtsgewandtheit“ abgetan wird. Da bedarf es seitens des Studenten schon einigen Engagements, um sich dennoch mit diesen meiner Meinung nach essentiellen Themen auseinanderzusetzen.
    Erzähle ich meinen russischen Bekannten davon, können diese es nicht verstehen, denn in Russland gehört es in Akademikerkreisen einfach zum guten Ton, sich in Wort und Schrift gemäß der sprachlichen Norm ausdrücken zu können.
    Aber was hilft’s? Man kann nur versuchen, Anderen ein Vorbild zu sein und – ganz so, wie Sie dies tun, Missstände als solche konsequent zu benennen.
    Mit freundlichen Grüßen
    Ihr Quercus

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