Erasmus von Rotterdam und die AfD

Es gehört schon viel Dreistigkeit dazu, wenn ausgerechnet die AfD ihre Parteistiftung nach dem großen Humanisten Erasmus von Rotterdam benennen will. Daß der sich, wie man vulgo sagt, dabei in seinem Grab umdrehen würde, darf als ausgemacht gelten.

Der leider kaum noch gelesene Stefan Zweig hat ihn in seiner Biographie „Triumph und Tragik des Erasmus von Rotterdam“ (Wien 1934) lebendig beschrieben. Ein paar Sätze daraus mögen genügen:

Er hat nur ein Ding auf Erden wahrhaft als den Widergeist der Vernunft gehaßt: den Fanatismus.

Die Renaissance mit ihrem sinnlich frohen Überschwang, sie erschien ihm nicht wie Calvin und den anderen Zeloten als die Feindin der Reformation, sondern als ihre freiere Schwester. Er anerkannte, seßhaft in keinem Lande und heimisch in allen, der erste bewußte Kosmopolit und Europäer, keinerlei Überlegenheit einer Nation über die andere, und weil er sein Herz erzogen hatte, die Völker einzig zu werten nach ihren edelsten und geformtesten Geistern, nach ihrer Elite, so dünkten sie ihn alle liebenswert.

Des Erasmus Sendung und Lebenssinn war die harmonische Zusammenfassung der Gegensätze im Geiste der Humanität. Er war geboren als eine bindende oder, um mit Goethe zu sprechen, der ihm ähnlich war in der Ablehnung alles Extremen, eine »kommunikative Natur«. Jede gewaltsame Umwälzung, jeder »tumultus«, jeder trübe Massenzank widerstrebte für sein Gefühl dem klaren Wesen der Weltvernunft, der er als treuer und stiller Bote sich verpflichtet fühlte.

So, und jetzt stelle man daneben die Bilder vom obszönen „Trauermarsch“ der AfD-Landeschefs in Chemnitz oder die fortwährenden hämischen Haßpredigten ihrer Abgeordneten im Bundestag, und man wird leicht erkennen, daß hier eine Partei am Werke ist, die sich nirgendwo anders wohlfühlt als gerade im Sumpf des „trüben Massenzanks“.

Mehr muß man über das Thema Erasmus von Rotterdam und AfD nicht sagen.

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