So stelle ich mir ein neues russisches Heldengemälde vor: Putin steht als Feldherr mit gestählten Muskeln vor einem Globus, deutet auf den Nordpol und sagt: „Der gehört jetzt mir!“
Es wäre ein Gemälde mit viel unfreiwilliger Komik, aber das Problem ist: der Genosse Putin, der drauf und dran ist, aus dem „Großen Rußland“ einen Schurkenstaat zu machen, meint die Sache ernst. Er hat auf dem Meeresgrund schon eine russische Fahne deponiert, schickt gerade (wie seine Militärs stolz verkünden!) eine kleine Kriegsflotte in die Arktis und behauptet tatsächlich, daß fast die ganze Gegend um den Nordpol zu Mütterchen Rußland gehört. Mit dem schmelzenden Eis und den (vermuteten) gewaltigen Gas- und Erdölmengen unter dem arktischen Meeresboden hat Putins Appetit auf den Norden zugenommen.
Nun mögen Experten darüber diskutieren, wie weit der russische Festlandsockel wirklich reicht. So etwas ist unter zivilisierten Ländern eine Sache des internationalen Rechts, dafür gibt es Institutionen und Gerichtshöfe. Aber Schurkenstaaten verlassen sich darauf nicht. Wozu hat man Kriegsschiffe und Bomber? Der Coup mit der Krim ist ja auch gelungen – warum sollte es mit dem Nordpol anders sein?
China – wie Rußland autoritär im Innern und aggressiv nach außen – handelt im Fernen Osten ganz genauso. Auch im Südchinesischen Meer werden große Bodenschätze vermutet, und auch China denkt nicht daran, seine Ansprüche auf dem rechtlichen Weg durchzusetzen. Es geht mit militärischer Aggression, Gewaltdrohungen und billigen Tricks wie der künstlichen Aufschüttung von Inseln daran, an die begehrten Bodenschätze zu gelangen.
Schurkenstaaten sind und bleiben eben – Schurkenstaaten.