Man staunt immer wieder, wieviel „deutsch-russische Freundschaft“ in unserem Land noch grassiert. Mancher, so scheint mir, sagt Rußland und meint in Wahrheit die gute alte (und kräftig verklärte!) Zeit von SED und DKP, von der er nicht lassen kann.
Gleich ein paar Generationen ist eingeimpft worden, daß von guten Beziehungen zwischen Deutschland und Rußland das Wohl und Wehe Europas (wenn nicht gar der Weltfrieden!) abhänge. Damit schmeichelte man natürlich beiden Ländern, und genau das war der Sinn dieser Behauptung in der DDR und innerhalb der westlichen Linken. Vor allem wollte man Rußland damit recht viel Honig ums Maul schmieren.
Ganz in dieser alten Zeit befangen ist offenbar auch Matthias Platzeck, der schon seit Jahren in deutsch-russischen Freundschaftsgremien arbeitet. „Wir müssen eine Lösung finden, bei der Putin nicht als Verlierer vom Feld geht“, meint er. Das klingt, als sei Putin schweres Unrecht zugefügt worden – und genauso redet der russische Präsident ja auch. Leider ist das reine Geschichtsklitterung, es ist – nach dem bewaffneten Überfall Putins auf die Ukraine, der immer noch im Gange ist – eine geradezu groteske Wortmeldung, die von der Kanzlerin zurecht als „seltsam“ eingestuft worden ist.
Putin und seine Helfershelfer haben mit Demokratie, mit Menschenrechten, mit einer freien Presse und einer unabhängigen Justiz nichts am Hut. Seit vielen Jahren tun sie alles, um das zarte Pflänzchen der Freiheit in Rußland mit Stumpf und Stiel auszurotten. Den alten Genossen in West und Ost mag das egal sein, der orthodoxen Kirche auch, und den Wirtschaftsvertretern, für die Platzecks Deutsch-russisches Forum spricht, erst recht. Den Menschen in der Ukraine, über deren Schicksal nach Platzecks Meinung Rußland verfassungsrechtlich mitentscheiden sollte, ist das aber ganz und gar nicht egal.
Putin ist wirklich der letzte Mensch, den irgendjemand bedauern muß. Er benimmt sich wie ein Berserker in der Völkerfamilie, und genau so muß man mit ihm umgehen.