Richard David Precht – Die philosophische Knalltüte

Richard David Precht, ein geradezu vorbildliches Produkt unserer Mediengesellschaft und der deutschen Lifestyle-Kultur, wird da, wo er im Fernsehen auftritt (und er tritt oft und gern auf!), mit der Berufsangabe „Bestsellerautor“ oder „Philosoph“ versehen. Ein Bestsellerautor mag er sein, ein Philosoph ganz gewiß nicht. Ich habe es schon oft gesagt: nicht jeder, der ein paar Semester Philosophie studiert hat, ist ein Philosoph, denn dazu gehört, mit Verlaub, ein bißchen mehr.

Precht hat im ZDF die Nachfolge des „Philosophischen Quartetts“ angetreten, er integriert also gleich zwei oder drei Philosophen in einem einzigen Körper. Daß seine Sendung auch noch „Precht“ heißt, deutet an, wo er sich selbst auf der Skala zwischen Bescheidenheit und Hochmut eingerichtet hat. Bescheidenheit, Nachdenklichkeit, Ehrfurcht vor der Tiefe und den Gefahren menschlichen Denkens – das alles ist ihm völlig fremd.

Dafür ist er immer perfekt gestylt – was man von seinen Vorgängern, Peter Sloterdijk und Rüdiger Safranski, also echten Philosophen und Schriftstellern, nun wirklich nicht sagen konnte.

Machen wir es kurz und prägnant: Precht ist der Markus Lanz der Philosophie.

Gestern abend freilich hat er bei Maybrit Illner seinen Kompetenzradius noch einmal kräftig ausgeweitet. Ein Philosoph, so mag der dahinterliegende Gedanke gewesen sein, umfaßt schließlich gedanklich alles Seiende, also selbstverständlich auch den Ukraine-Konflikt. Da mag der arme ukrainische Botschafter sich noch so anstrengen, um allen zu zeigen, wieviele Opfer sein Land gebracht hat, um sich an den demokratischen Westen anzuschließen – der deutsche Philosoph Richard David Precht weiß alles viel besser als er. Er unterbricht den Ukrainer, weist ihn mit philosophischer (und deutscher) Penetranz zurecht und belehrt ihn darüber, was es mit der ukrainischen Geschichte wirklich auf sich hat. Der Botschafter ist, wie man deutlich gesehen hat, zusammengezuckt und war von da an fast sprachlos.

Sprachlos waren auch alle anderen Gäste, als Precht den NATO-Generalsekretär als „Knalltüte“ bezeichnete. Der Großphilosoph, getreu seinen geistigen Anfängen („Lenin kam nur bis Lüdenscheid“) beschimpft die böse NATO wegen ihrer „rhetorischen Mobilmachung“ – die echte, nämlich militärische Mobilmachung Putins und dessen Einverleibung der Krim ist für ihn wohl eher eine Petitesse.

Schuld an allem Malheur ist immer der Westen:

Der Westen wollte keinen Kompromiss, sondern wir wollten gleich die ganze Ukraine in den Westen ziehen. Das ist ein Denken aus der Zeit des Kalten Krieges!

Was will der Philosoph damit sagen? Daß ihm das, was die Ukraine selbst will, ganz und gar am A… vorbeigeht.

Das wäre ja noch schöner, wenn die Ukraine über ihr Schicksal selbst bestimmen dürfte!

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