Manchmal denkt man: die spinnen, die Journalisten. Da stöbert man in den Online-Ausgaben von Welt, Focus, Stern und anderen und findet Sätze wie diese:
Zickenalarm im Dschungel.
Die Kamera zeigt Larissa in Großaufnahme. Sie sieht angesäuert aus.
Larissa sucht ihre Zigaretten. Niemand will helfen, bis Melanie ihr eine Kippe gibt.
Larissa findet hier zu viele Spinnen, dort zu viele Kriechtiere und läuft vom Ekel geschüttelt und schimpfend von einer Liege zur anderen. Winfried Glatzeder hat schon jetzt die Nase voll und macht Larissa für seine Kopfschmerzen verantwortlich.
Wendler bleibt cool, Larissa ist bei Schlange zwei schon dem Nervenzusammenbruch nahe.
Als die Blondine erst einmal eine rauchen wollte, anstatt sich um den Abwasch zu kümmern, platzte den Bewohnern der Kragen.
Und so geht es weiter. Wie gesagt: dieser Stuß steht in seriösen (oder wenigstens halbwegs seriösen) Tageszeitungen, nicht etwa in der Knallpresse!
Erwachsene Journalisten schreiben plötzlich wie die pubertierenden Jugendlichen eines Fanclubs – aber warum um Himmels willen? Wollen sie ausgerechnet unter diesem Publikum Abonnenten gewinnen? Möchten sie sich anbiedern?
„Das Publikum“, schreibt Kathrin Spoerr in der Welt, warte schon „das ganze Jahr lang“ auf das Dschungelcamp. Kathrin Spoerr offenbar auch. Sie baut erst einmal einen Popanz auf: die Kritiker seien Moralisten und hielten die Sendung für unmoralisch:
Ekelhaft! Obszön! Widerlich! So schießt die kleine Moralkanone. Unmoralisch, jugendgefährdend, menschenverderbend, frauenfeindlich – das sind die mittleren Projektile. Aber auch die Dicke Berta wird in Position gebracht: die Menschenwürde. Wir haben es also offenbar mit einem Fernsehformat an der Grenze zur Verfassungsfeindlichkeit zu tun … Die Schlussfolgerung daraus heißt für die Moralisten: So verdorben sind die Deutschen! Oder: So verdirbt das Privatfernsehen die Deutschen!
Obendrein würden diese Moralisten gar nicht kennen, worüber sie schreiben, denn zum Sendebeginn um 21.15 Uhr „schläft der Moralist normalerweise schon“.
Die Denunzierung der Kritiker hat natürlich nur einen (leicht durchschaubaren) Zweck: sie soll den Leser darauf vorbereiten, daß Frau Spoerr die Sendung für äußerst wertvoll hält:
Was also der Zuschauer tut, wenn er das Dschungelcamp sieht, ist eine ständige Überprüfung von Verhalten und Normen. Es ist eine Übung zur Schärfung der moralischen Urteilskraft. Effektvoll, unterhaltsam und krass, aber wirkungsvoll.
Man ist ja von den Zeitungen einiges gewöhnt, aber so einen Unfug habe ich wirklich noch selten gelesen.
Es ist einfach nur peinlich – noch viel peinlicher als die Sendung selbst.
PS: Aber vielleicht sollte man Kathrin Spoerr dafür eher loben: sie hat das seltene Talent, aus Schrott – Gold zu machen.